Yara Hackstein
Schulische Reflexionskultur in künstlerischen Kooperationsprojekten
Yara Hackstein

Schulische Reflexionskultur in künstlerischen Kooperationsprojekten

Um zu einer nachhaltigen Verstetigung künstlerisch-edukativer Praxis in der Kooperation von Schulen mit außerschulischen Kulturpartnern zu gelangen, ist eine fortwährende Reflexion zentrale Gelingensbedingung. Meine Erfahrung als Kulturagentin hat gezeigt, dass nachhaltige Kulturvermittlung an den Schulen nur dann gelingt, wenn nicht nur die praktische künstlerische Arbeit verstetigt wird, sondern zugleich auch die reflexive Auseinandersetzung über Prozesse, Ergebnisse und Qualität dauerhaft geführt und im Projektgeschehen fest verankert wird. Gelingt es, Reflexion als einen elementaren Bestandteil künstlerischer Projekte im Alltag von Schule bzw. aller beteiligten Partner zu ritualisieren und strukturell zu etablieren, ermöglicht dies die Entstehung einer nachhaltigen Reflexionskultur, die die Schulkultur insgesamt positiv prägt.

Ein wertvoller Beitrag zum Diskurs über Reflexionskultur stammt von Emily Pringle, die in London den Bereich "Learning Practice and Research" an der Tate Britain/Tate Modern leitet und sich dort mit dem Mehrwert von Praxisreflexion im Feld der Kunstvermittlung befasst. Mit ihrem Vortrag im 7. Akademiemodul zum Schwerpunktthema "Reflexion" ging sie der Frage nach, wie Reflexionsvorhaben in Kulturinstitutionen konzipiert sein müssen, um die Qualität der Vermittlungsarbeit im Museum verbessern zu können. In ihrem Artikel "The Value of Reflection" zeigt Pringle gute Gründe für eine reflektierende Praxis auf und hinterfragt zugleich, warum es so schwierig ist, Reflexion in diesem Kontext zu realisieren. Aus ihrer Sicht fehlt es den Kunstvermittlerinnen und Kunstvermittlern – damit meint sie auch Künstlerinnen und Künstler in Vermittlungsprozessen – vor allem an Zeit für Reflexion sowie an Übung darin. Und selbst, wenn Reflexion stattfinde, gäbe es keine Garantie für einen entsprechenden Transfer der daraus erwachsenen Erkenntnisse. Doch dieser Transfer – in die weitere künstlerische oder vermittlerische Praxis – sei letztendlich entscheidend dafür, dass Reflexion tatsächlich auch Veränderung im Sinne einer positiven Entwicklung generiere.

Reflexionspraxis in der Schule

Diese drei von Pringle genannten Aspekte – keine Zeit, wenig Übung, fehlender Transfer – begegneten auch mir in meiner Arbeit als Kulturagentin immer wieder. Beim Nachdenken über das Reflexionsverhalten im Rahmen künstlerischer Projekte in der Schule stellte ich mir wiederholt folgende Fragen: Wie viel Zeit und Raum wird eigentlich an Schulen im Rahmen von künstlerischen Projekten für Reflexion aufgewendet? Gibt es hier eine "geübte" Reflexionskultur, die sich beispielsweise in dafür eigens geschaffenen Strukturen oder Methoden zeigt, und wenn ja, wie gelingt der Transfer der im Reflexionsprozess gewonnenen Erkenntnisse? Allgemeingültige Antworten auf diese Fragen lassen sich wohl kaum geben – zu unterschiedlich sind die Traditionen in unterschiedlichen Schulformen und in jeder Einzelschule hinsichtlich der Reflexions- und Feedbackkultur oder auch der Evaluation der eigenen Arbeit.

Bei aller Vielfalt lassen sich jedoch aus meiner Sicht einige wesentliche Beobachtungen beschreiben: Zeit ist für Lehrerinnen und Lehrer in der Schule Mangelware, vor allem, wenn es um Zeit außerhalb der Unterrichtsstunden geht. Kleine oder große Pausen zwischen den Unterrichtsstunden sind für das Lehrpersonal keine echten Pausen – sie sind randvoll mit dem Erledigen von Aufgaben. Zeit für kritisches Hinterfragen des eigenen Tuns oder für entsprechende Gespräche findet sich hier eher nicht. Teamsitzungen und Konferenzen hingegen sind zwar auch für reflektierenden Austausch vorgesehen, doch auch hier ist Zeit meist knapp bemessen. Auf der Prioritätenliste stehen zumeist aktuelle organisatorische und pädagogische Fragen, die eng getaktet abzuarbeiten sind.

Darüber hinaus weckt der Begriff Reflexion im Schulkontext häufig zunächst negative Assoziationen – er liegt nah bei Evaluation und Prüfung; das klingt anstrengend und erzeugt eher Vorbehalte als Motivation. In Schulen, in denen (noch) nicht in Teams unterrichtet wird und sich Lehrerinnen und Lehrer oft als Einzelkämpfer sehen, ist Austausch über das eigene Tun wenig ritualisiert – Reflexion über das Unterrichtsgeschehen findet eher in den Köpfen der Einzelnen als in gemeinsamen Prozessen statt. Anknüpfend an Pringle scheint es also auch in der Schule wenig Übung im reflektierenden Austausch zu geben, was besonders auf die kulturelle Bildung zutreffen mag, die viele Lehrerinnen und Lehrer als eine Art Luxusgut sehen.

Chancen für Reflexion in künstlerischen Kooperationsprojekten

Aber gerade künstlerische Projekte können die Chance bergen, Reflexion als positives und konstruktives Element im Schulalltag zu erproben oder auch zu ritualisieren. Da sich künstlerische Projekte häufig aus dem "normalen" Schulalltag abheben – insbesondere dann, wenn sie in Kooperation mit außerschulischen Partnern realisiert werden und dadurch einen Sonderstatus haben – können die beteiligten Akteure die "Spielregeln" selbst festlegen. In vielen Projekten im Rahmen des Kulturagentenprogramms war es möglich, Zeit für Reflexion von vorneherein mit einzuplanen und diese als selbstverständlichen Bestandteil künstlerischer Prozesse und Projekte konzeptionell zu verankern. Zeitfenster für Reflexion einzuräumen, bedeutete allerdings nicht, dass diese dann auch automatisch stattfand. Gerade das Zusammenspiel mehrerer Partner – insbesondere, wenn sie in verschiedenen Systemen wie Schule und Kulturinstitution zuhause sind – forderte von den Akteuren ein planvolles Vorgehen.

Komplexes Zusammenspiel – Reflexion heißt auch Kommunikation

Kooperieren Schulen mit Kulturinstitutionen oder auch Künstlerinnen und Künstlern, so treffen immer Akteure unterschiedlicher Systeme aufeinander. Der Mikrokosmos Schule funktioniert unter spezifischen Bedingungen, genauso wie der Mikrokosmos Kulturinstitution – ob Theater, Museum oder Jugendkunstschule. Kenntnisse über die Komplexität des jeweils anderen Systems und dessen eigene Logik, über Ebenen, Funktionen und Zuständigkeiten, erweisen sich generell nicht nur als wichtige Voraussetzung für das Gelingen von Kooperationsprojekten, sondern auch für deren Reflexion.

Die Vielzahl an Akteuren hat mich im Kontext von Projektreflexion mit Fragestellungen1 wie diesen konfrontiert: Wer hat welche Funktion, wer spielt welche Rolle, wer ist wem verpflichtet? In der Praxis zeigt sich, dass diese Fragen geklärt sein sollten, um herauszufinden, wer sich eigentlich wann mit wem austauschen müsste. Denn ab dem Moment, wo Reflexion über das Nachdenken eines Einzelnen – also beispielsweise eines Schülers/einer Schülerin im kreativen Gestaltungsprozess – hinausgeht und er/sie sich mit jemand anderem über sein/ihr Handeln austauscht, entsteht Kommunikation. Reflexion im schulischen Kontext mit vielen Akteuren bedeutet also immer auch Kommunikation. Oder anders ausgedrückt: Kommunikation ist hier Voraussetzung für Reflexion. Sich also klarzumachen, wer sich wann mit wem worüber austauschen sollte, ist eine wesentliche Bedingung für Reflexion künstlerischer Prozesse und Projekte. Was selbstverständlich zu sein scheint, muss im Schulalltag oft erst verankert werden, denn auch das entsprechende Initiieren und Planen der Reflexionsprozesse erfordert wieder Zeit und eine gewisse Übung beziehungsweise Routine.

Rolle der Kulturagenten

Bei der Reflexion und Auswertung ihrer Aktivitäten konnte ich als Kulturagentin die Schulen und einige der kooperierenden Kulturinstitutionen effektiv unterstützen. Als externe Berater und Begleiter sind die Kulturagentinnen und Kulturagenten selbst nicht künstlerisch handelnd in das Projektgeschehen eingebunden, sondern beobachten künstlerische Prozesse und Projekte eher aus einer Distanz heraus. Dabei können sie unterschiedliche Perspektiven einnehmen – so schaue ich beispielsweise bei Hospitationen in künstlerischen Projekten den verschiedenen Akteuren im wahrsten Sinne des Wortes über die Schulter. Ich beobachte also quasi durch die Brille von Schülerinnen und Schülern, Künstlerinnen und Künstlern sowie pädagogischen Begleitern. Dabei hat sich für mich eine fragende Grundhaltung bewährt: Was tut die jeweilige Person, wie geht sie vor, was fühlt oder denkt sie dabei? Hieraus ergeben sich möglicherweise Impulse für erste Dialoge mit den Akteuren. Andere Beobachtungen und Fragestellungen notiere ich, um später darauf im gemeinsamen Gespräch zurückzukommen. Natürlich nehme ich als Kulturagentin den Akteuren die selbst motivierte und selbstbestimmte Eigenreflexion damit nicht aus der Hand und schon gar nicht erhebe mich über diese; ich verstehe meine Rolle hier eher als die eines Motors und Katalysators von Reflexionsprozessen. Unterstützend kommt dabei zum Tragen, dass die Reflexion der eigenen Tätigkeit zum Selbstverständnis der Kulturagentenrolle gehört und im Modellprogramm entsprechend verankert ist. Kulturagentinnen und Kulturagenten werfen also Fragen und Themen auf, fokussieren, vernetzen die Akteure und regen nicht zuletzt auch einen Qualitätsdiskurs an.

Reflexionsberatung in der Schule

Pringle bezieht sich in ihrem Text auf zwei Säulen der Reflexion nach Donald Schön: "reflection-in-action" und "reflection-on-action". Sie unterscheidet damit Reflexion als ein in der künstlerischen Arbeit implementiertes Vorgehen (Prozessbezug) von einer Reflexion über das Ergebnis dieses Prozesses. Wenn Schule über künstlerische Prozesse reflektiert, dann geschieht dies in der Regel ergebnisorientiert – beispielsweise im Rahmen von Notenvergaben, also einer Facette von "reflection-on-action". Reflexionsberatung zeigt auf, welche weiteren Formen von Reflexion (in- und on-action) wichtige Bestandteile einer nachhaltigen und vor allen Dingen fortgeschriebenen Reflexionskultur sind. Dazu ist es unabdingbar, Reflexion als festen Bestandteil künstlerischer Kooperationsprojekte bereits in der Planung festzuschreiben. Nur so wird es möglich, die von Pringle aufgezeigten Fehlstellen zu füllen, nämlich Zeitressourcen zu generieren wie auch Übung und damit vergleichbare Reflexion, und einen entsprechenden Transfer zu ermöglichen.

In meiner Praxis hat es sich bewährt, Reflexionsräume sichtbar zu machen, also Raum und Zeit für den Reflexionsprozess genau zu benennen und einzuplanen. Bei längerfristigen Projekten gelang mir das sehr gut, indem ich zum Beispiel an das Ende einer jeden künstlerischen Arbeitsphase eine "Denk-Nach-Pause" als Ritual einführte. Um die Entwicklungen verfolgen zu können, hat es sich für mich als Kulturagentin bei langfristigen Projekten in der Zusammenarbeit mit Schule und externen Partnern außerdem bewährt, regelmäßige Projekttreffen vorzubereiten. Als wichtig erwiesen sich dabei die Besuche in den Projekten. Bei solchen Hospitationen nutzten – gerade in der Anfangsphase des Programms – Lehrerinnen und Lehrer und auch Künstlerinnen und Künstler gern die Gelegenheit, mich auf Stolpersteine in der Projektdurchführung hinzuweisen. Gemeinsam wurde nach einem Umgang mit den sich im Projektzusammenhang ergebenden Schwierigkeiten gesucht, und meist konnten dann auch schnell Lösungen gefunden werden.

Unabhängig von den Reflexionszeiten innerhalb der künstlerischen Prozesse bzw. während laufender Projekte haben sich speziell geplante Reflexionstreffen, wie solche am Ende eines Projekts, als sehr gewinnbringend erwiesen. Da für derartige Treffen, auch wenn sie längerfristig eingeplant waren, meist nur kleine Zeitfenster von ein oder zwei Schulstunden zur Verfügung standen, war es mir wichtig, diese Reflexionstreffen gut vorzubereiten. Da ich als Kulturagentin mit allen Akteuren (Schülerinnen und Schülern, Kunstschaffenden, Kunstvermittelnden, Lehrkräften) in den Projekten sowie den im Hintergrund relevanten Personen (Kulturbeauftragte, Schulleitung, Institutionsvertretern) in Kontakt stand, lag es nahe, die Planung der Reflexionstreffen zu übernehmen. Dabei hat es sich bewährt, die Methoden jeweils an das spezielle künstlerische Projekt anzupassen.

So baute ich als Kulturagentin auf Basis meiner Fachkenntnis aller beteiligten Systeme die Ebenen in die Reflexion ein, die Lehrerinnen und Lehrer normalerweise nicht im Blickfeld haben. So zum Beispiel die Fragestellung, ob der konzeptionelle Ansatz des Kulturpartners transportiert wurde und ob es darum überhaupt gehen sollte. Oder auch die Frage, welche gegenseitigen Erwartungen eventuell nicht erfüllt werden konnten und woran das gelegen haben könnte. Ob etwa die Öffentlichkeitsarbeit im Sinne aller Partner gelungen war. Aber auch, was voneinander gelernt wurde und was vielleicht bei zukünftigen Prozessen noch besser gemacht werden könnte. Im Idealfall sollten – zum Beispiel in einer projektabschließenden Reflexionsrunde – alle relevanten Vertreter der kooperierenden Partner mit am Tisch sitzen. In der Praxis erwies sich dies jedoch zumeist als unrealistisch.

Meine Erfahrung zeigt, dass es in den Kooperationsprojekten im Kulturagentenprogramm gut möglich war, die unmittelbar beteiligten Künstler, Projektlehrer sowie den/die Kulturbeauftragte/n an einen Tisch (meistens in der Schule) zu bringen. Die häufig vorwiegend planerisch involvierten Vertreter der Kulturinstitution selbst mussten jedoch meistens separat eingebunden werden. Hier habe ich dann entweder allein oder gemeinsam mit der/dem Kulturbeauftragten zusätzliche Gespräche geführt, die in der Regel in der Kulturinstitution stattfanden. Feststellen lässt sich, dass die Herausforderungen an die Reflexion von Projekten natürlich mit wachsender Projektgröße zunehmen. So zeigte sich, dass bei Projekten mit mehreren beteiligten Schulen und verschiedenen Kulturpartnern genaue Absprachen über Rollen und Zuständigkeiten innerhalb der Projektorganisation auch in Hinblick auf die Reflexion überaus wichtig waren. Gerade bei komplexen Projektstrukturen sehe ich mich in der Rolle einer Reflexionsmanagerin, die nicht nur die unterschiedlichen Themenfelder und Bedarfe für Reflexion erkennt bzw. mit den Akteuren benennt, sondern auch die jeweils dazu passenden Akteure zusammenbringt, die entsprechenden Reflexionsprozesse begleitet, um schließlich die Ergebnisse wieder zusammenzuführen und für alle Akteure gleichermaßen verfügbar zu machen.

Von der Reflexion über die Erkenntnis zum Transfer

Die Reflexion eines Projektes beginnt schon bei der Planung: Die Benennung von Zielen, die mit dem Projekt erreicht werden sollen, sind die ersten inhaltlichen Anker für nachfolgende Reflexionsprozesse. Diese wie Schleifen in den Projektverlauf einzuplanen, hat sich in der Praxis als hilfreich erwiesen. Geeignete Methoden werden jeweils passend zur Art des Projekts ausgewählt, auch künstlerische Verfahren können zum Einsatz kommen. Entscheidend ist zunächst, Erfahrungen und Erkenntnisse aus den künstlerischen Prozessen festzuhalten – und zwar positive wie negative –, sodass später, beispielsweise in der Projektauswertung, Gelingensbedingungen und auch Stolpersteine benannt werden können. Das Sichern von Erkenntnissen im Verlauf der Projektarbeit kann zum Beispiel in ästhetischen Tagebüchern oder Logbüchern geschehen.

Der Auswertung der Projektarbeit – also nach Pringle "reflection-on-action" – am Ende einer Prozessphase oder des gesamten Projekts kommt eine zentrale Bedeutung zu, insbesondere dann, wenn die Projektarbeit verstetigt werden soll. Der Austausch über Erfahrungen, Erkenntnisse, Ergebnisse und Wirkungen der künstlerischen Arbeit ist dabei der erste wichtige Schritt – auch im Sinne eines Lernprozesses der involvierten Akteure. Damit auch andere vom Erkenntnisgewinn profitieren können – also beispielsweise die Gruppe, die das Projekt im nächsten Schuljahr durchführen wird –, ist es anschließend entscheidend, die Lernerfahrungen und Erkenntnisse zusammenzufassen, sichtbar zu machen und ihren Transfer sicherzustellen. In der Schule liegt jedoch oftmals in Bezug auf die Phasen der Ergebnissicherung und des Transfers ein Defizit vor: Man tauscht sich zwar über die Erfahrungen in Projekten aus und generiert darüber wichtige Erkenntnisse, allerdings bleiben diese dann häufig in der weiteren Praxis – zum Beispiel bei Folgeprojekten – auf der Strecke. Denn der Transfer – also die Weitergabe von relevanten Informationen und Erfahrungswerten – erfolgt nicht von selbst: Es braucht klare Zielvereinbarungen, wie mit den Erkenntnissen weiter umgegangen werden soll und wie die Verantwortlichkeiten verteilt werden. Wie und wo werden die Erkenntnisse gesichert, wer kümmert sich um ihren Transfer an Kollegen, und wie kann sichergestellt werden, dass Vereinbarungen auch umgesetzt werden? Diese und weitere Fragen, die auf unterschiedlichen Ebenen verhandelt und bearbeitet werden, bringe ich als Kulturagentin ein – ob in der Kultursteuergruppe, im Gespräch mit dem/der Kulturbeauftragten oder auch auf Leitungsebene. Dabei habe ich nicht nur die notwendigen Arbeitsschritte dieser Transferphase im Blick, sondern kann aus meiner Kenntnis der jeweils spezifischen systemischen Bedingungen heraus auch entsprechende Anregungen für die Bearbeitung geben. Ob also wichtige Projekterfahrungen in Fachkonferenzen, Jahrgangsstufenteams oder vielleicht sogar auf Lehrer- oder Schulkonferenzebene eingebracht werden sollen, wie sie verschriftlicht beziehungsweise dokumentiert oder wie die Kulturpartner eingebunden werden. Bei all diesen Fragen sind Kulturagentinnen und Kulturagenten beratend tätig.

Die Erfahrungen nach vier Jahren im Modellprogramm zeigen, dass gerade diese Reflexions- und Transferphasen von besonderer Bedeutung hinsichtlich der Verstetigung von künstlerischen Projektaktivitäten sind. So zeigt sich immer wieder, dass Projekte, die über mehrere Jahre angelegt sind, nach jedem Durchlauf erneut kritisch reflektiert und auf ihr Verstetigungspotenzial hin befragt werden müssen. Es entsteht ein Kreislauf, in dem die Auswertung eines Projekts jeweils zum Ausgangspunkt des nächsten wird. Und selbst wenn nur vermeintliche Kleinigkeiten von Mal zu Mal verändert werden, so gilt es, diese immer wieder sichtbar zu machen, zu sichern und in die Systeme zurückzuspiegeln. Wichtig war mir, auch diese Feinjustierungen gemeinsam mit den Kulturbeauftragten und den anderen Akteuren und Gremien in weitere Projektplanungen bzw. idealerweise in den Kulturfahrplan der Schule einzubringen.

Bei aller Planbarkeit von Reflexion im Rahmen der allgemeinen Projektplanung ist jedoch gerade in künstlerischen Projekten eines für mich von unschätzbarem Wert: Offenheit und Flexibilität, also auch spontan und ungeplant innezuhalten und Räume für Reflexion – insbesondere Eigenreflexion – zu schaffen und zu nutzen.

Herausforderung Kooperation

Für eine wirksame Reflexion ist unabdingbar, dass alle Beteiligten den Wert der Reflexion anerkennen und respektieren. Das bedeutet zugleich, auch zu sehen, dass die verschiedenen Kooperationspartner in diesen Prozessen unterschiedliche Anforderungen an bzw. ein unterschiedliches Verständnis von Reflexion mitbringen. So zeigt sich in der Praxis, dass Schulen beispielsweise oft andere Reflexionsschwerpunkte setzen als die beteiligten Künstler oder Kulturinstitutionen. So spielen in Schulen häufig Strukturaspekte – wie die Einbindung von Projekten in den Stundenplan – eine wichtige Rolle; in der Kulturinstitution hingegen Aspekte wie beispielsweise die Übertragbarkeit von Formaten in andere Vermittlungskontexte. Ein wichtiger Beitrag einer Kulturagentin oder eines Kulturagenten ist es hier nicht zuletzt, die Gemeinsamkeiten auszuloten und die unterschiedlichen Systeme zusammenzuführen. Daraus folgt auch, dass Reflexionsstandards für jedes Projekt neu individuell formuliert werden und geübt werden müssen. Mit wachsender Reflexionsübung fällt es allen Beteiligten zunehmend leichter, projektspezifische Anforderungsprofile an Reflexion zu formulieren.

Fazit

Eine nachhaltige Reflexion ist meiner Ansicht nach nur möglich, wenn die beteiligten Partner sie als wertvollen Bestandteil des Prozesses anerkennen und ausreichend in die Planung des Projekts mit einbeziehen. Sinnvoll ist, vor Beginn des Projekts einen Kriterienkatalog für Reflexion abzustimmen, der konkret aufzeigt, was auf welcher Ebene (beispielsweise Inhalt, Struktur, Beziehung) wie reflektiert werden sollte. Erst wenn ein solches strukturiertes Vorgehen etabliert wird, ergibt sich die Chance, Reflexion im schulischen Alltag zu verankern und verschiedene künstlerische Prozesse auch vergleichend zu analysieren. Zugleich gilt es, sich dabei eine "kreative Offenheit" zu bewahren, die es möglich macht, während eines künstlerischen Projekts auf lebendiges Gestalten reagieren zu können – gerade hier lässt sich nicht alles planen, organisieren und bis ins Detail vorherbestimmen.

 

1 Die W-Fragen in der Projektreflexion:
  1.   Was will ich wissen/erfragen (beispielsweise welche Bereiche (Inhalt, Organisation, Beziehung) will ich näher hinterfragen?)
  2.   Wer will von wem etwas erfahren? (Lehrer von Schülern, Kulturinstitution von Schule, Schüler von Künstler oder ähnlich)
  3.   Wann frage ich (Reflexion während des Prozesses, nach einzelnen Projektterminen, nach längeren Phasen, zum Abschluss eines Projekts? Einmaliges oder regelmäßiges Feedback?)
  4.   Wie viel Zeit habe ich (welche Zeit kann/soll für Feedback eingeplant werden, und welche Ressourcen stehen für Vorbereitung und Durchführung zur Verfügung?)
  5.   Wie frage ich? (Welche Methode bietet sich unter Berücksichtigung der zuvor genannten Punkte an?)