Sybille Linke
Mission erfüllt!
Sybille Linke

Mission erfüllt!

Vier Jahre Modellprogramm „Kulturagenten für kreative Schulen“

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Foto: Bert Binnig

Selbstverständliche Teilhabe an Kunst und Kultur soll fester Bestandteil des Alltags von Kindern und Jugendlichen werden – mit dieser Mission waren von 2011 bis 2015 46 Kulturagentinnen und Kulturagenten an insgesamt 138 Schulen in fünf Bundesländern im Einsatz.

Um dieses Ziel zu erreichen, entwickelten sie in einem Netzwerk von drei Schulen, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, dem Lehrerkollegium, der Schulleitung, Eltern, Kunstschaffenden und Kultureinrichtungen vielfältige und passgenaue Angebote kultureller Bildung und bauten langfristige Kooperationen mit Kulturinstitutionen auf.

In den vier Programmjahren haben die Schulen insgesamt 1.238 künstlerische Projekte mit einem Fördervolumen von über 7,3 Millionen Euro beantragt. Mit den Projekten sind insgesamt bis zu 84.000 Kinder und Jugendliche erreicht worden. Künstlerische Projekte wurden in einer Qualität und Quantität realisiert, die es so an vielen der beteiligten Schulen bisher nicht gegeben hatte. Schulen haben sich verändert: Sie haben sich auf den Weg gemacht, eine kreative Schule zu werden, und sich dabei ein Stück weit "neu erfunden". Kultureinrichtungen haben sich geöffnet: als Erfahrungsräume und Lernorte für Kinder und Jugendliche, die ihre Angebote kennengelernt und sich zu eigen gemacht haben, im besten Fall sogar mitgestalten konnten.

Am Ende des Modellprogramms "Kulturagenten für kreative Schulen" lässt sich bilanzieren, dass die Hoffnungen und Visionen, die mit der neuen Funktion der Kulturagentinnen und Kulturagenten von Anfang an verbunden waren, erfolgreich umgesetzt geworden sind. Mit einigem Stolz können wir feststellen: Die Mission der Kulturagentinnen und Kulturagenten ist erfüllt.

Das Modellprogramm wurde insbesondere in den folgenden Bereichen wirksam und lieferte, seinem Auftrag gemäß, Modelle, die vielfältige Impulse in das Feld der kulturellen Bildung aussenden und zum Nachahmen und Weiterentwickeln geeignet sind:

  • Gute Praxis
  • Qualitätssicherung und Reflexion
  • Kulturagentinnen/Kulturagenten: Beschreibung eines neuen Tätigkeitsprofils
  • Qualifizierungsformate für Akteure an der Schnittstelle von Kultur und Schule
  • Strukturelle und konzeptionelle Verankerung von kultureller Bildung in Schulen
    • Kulturbeauftragte und Kulturgruppen
    • Kulturfahrplan
  • Kooperationen von Schulen und Kultureinrichtungen

Gute Praxis

Kinder und Jugendliche sind durch das Kulturagentenprogramm in vielfältiger Weise mit Kunst und Kultur in Berührung gekommen, sie haben Künstlerinnen und Künstler und deren Arbeit kennengelernt, haben Kultureinrichtungen besucht und nutzen gelernt. Künstlerische Aktivitäten sind in den meisten ihrer Schulen Alltag geworden. Dies gelang insbesondere, wenn diese curricular verankert wurden, und zwar als Ergänzung zum Fachunterricht und nicht als dessen Ersatz. In Formaten im und außerhalb des Unterrichts, jahrgangs- und fächerübergreifend, in Kulturtagen oder Projektwochen, bei Kulturfesten und anderen Präsentationsformen, in Arbeitsgemeinschaften oder neuen Fächern im Schulcurriculum haben sich Schülerinnen und Schüler – und das war für uns das Wichtigste – selbst als Gestaltende in künstlerischen Prozessen erlebt.

Die im Kulturagentenprogramm entwickelten Formate und Methoden können für andere Schulen Anregungen liefern, wie eine Verankerung künstlerischer Aktivitäten im Schulalltag zu bewerkstelligen ist.

An der Gesamtschule Weierheide in Oberhausen können Kinder und Jugendliche beispielsweise im Format "KreSch" (Kreative Schule) verschiedene künstlerische Sparten kennenlernen und selbst gesetzte Themen experimentell und prozessorientiert bearbeiten.

Das an der Hamburger Stadtteilschule Niendorf neu konzipierte Profil "art 21" ist ein künstlerisches, fächerübergreifendes Profil, in dem die Beschäftigung mit zeitgenössischer Kunst mit dem Fach Englisch zusammengedacht wurde, in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle sowie mit Künstlerinnen und Künstlern und kontinuierlich begleitet von einer Lehrkraft.

An der Thüringer Lessingschule wurde ein Schülerkunstgeldfonds ins Leben gerufen, der Schülerinnen und Schülern jährlich Mittel zur Verfügung stellt, um ihre ganz eigenen künstlerischen Projekte umzusetzen, die von einer selbst ernannten Jury ausgewählt werden.

Die "Kulturbühne" im baden-württembergischen Ketsch ist ein Beispiel, wie eine Schule selbst die Rolle einer Kultureinrichtung übernommen hat, indem sie mit einer schuleigenen Bühne in den gesamten Ort hineinstrahlt.

Und in Berlin wird am Robert-Blum-Gymnasium nun für alle 7. und 8. Klassen das Fach "Kulturprofil" angeboten.

Viele Projekte, die an den Schulen umgesetzt wurden, waren spartenübergreifend angelegt. Möchte man die häufigsten Sparten darunter nennen, waren das die Bildende Kunst, das Theater, Musik, Tanz und Medien. Besonders beliebt waren Projekte, die sich thematisch mit der Gestaltung des Lern- und Lebensraums Schule und der Schulkultur befassten und die das Schulgebäude und darüber hinaus auch das soziale Miteinander in der Schule betrafen. Das inhaltliche Spektrum reichte von der Beschäftigung mit Urbanität und dem öffentlichen Raum über Geschichte, Gesellschaft und Zukunft bis hin zu Fragen nach Identität, Herkunft, Migration und Heimat. Der eigene Kunstbegriff wurde untersucht und die unterschiedlichen Beteiligungsmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern ausgelotet.

In unserer Onlinepublikation berichten Kulturagentinnen und Kulturagenten sowie Akteure aus Schule und Kultur über ihre vielfältigen Erfahrungen, um sie für andere nutzbar zu machen. Unter Praxis sind einzelne Projektbeispiele ausführlich dargestellt und werden unter individuellen Fragestellungen reflektiert.

Qualitätssicherung und Reflexion

Darüber hinaus können wir in großer Zahl Beispiele für gelungene Kooperationen von Schulen, Kultureinrichtungen und Künstlerinnen und Künstlern liefern. Die Zusammenarbeit dieser Akteure hat bei der Konzeption und Durchführung der künstlerischen Angebote für eine besondere Qualität gesorgt. Und die Beschreibung, Sicherung und Reflexion dieser Qualität war wiederum ein zentrales Anliegen des Programms.

Die Vielfalt der Akteure und Positionen erwies sich als eine besondere Stärke, die sich in der gemeinsamen und durchaus kontroversen Diskussion über die Qualität der vom Programm mit dem sogenannten Kunstgeld geförderten Projekte zeigte. Dieser produktive Aushandlungsprozess, an dem die Kulturagentinnen und Kulturagenten gemeinsam mit Kulturpartnern und Schulen, aber auch die Länderbüros und die Programmgeschäftsstelle beteiligt waren, hat zur Beschreibung von Kategorien geführt, innerhalb derer Qualität von Projekten reflektiert werden kann. Dazu gehören deren konzeptionelle Verankerung in der Schule genauso wie ihre künstlerische Visionskraft, die Professionalität der Künstlerinnen und Künstler und der Kulturpartner, die Art und Qualität der Kooperationsbeziehungen, die künstlerische, inhaltliche und methodische Vielfalt ebenso wie die Berücksichtigung der an den Schulen vorgefundenen Diversität. Ein besonderes Anliegen waren die Möglichkeit zur Vernetzung und Verstetigung sowie die Anschlussfähigkeit und Nachhaltigkeit der Projekte.

Besonders relevant war die Frage nach der Wirkung von künstlerischen Projekten bei den Schülerinnen und Schülern, insbesondere auch nach ihren Möglichkeiten, aktiv mitzuwirken, zu gestalten und sich als selbstwirksam zu erleben. Um diese Fragen zu diskutieren, bedurfte es Zeiten der Reflexion – auf der Ebene der Projekte, mit den Akteuren vor Ort wie auch programmintern.

So wurden die genannten Qualitätsbereiche mit den Kulturagentinnen und Kulturagenten und darüber hinaus vom Beirat sowie von weiteren Expertinnen und Experten diskutiert und ausdifferenziert. Das bedeutet einerseits, dass vielfältige Perspektiven in den Qualitätsdiskurs des Kulturagentenprogramms eingeflossen sind. Andererseits heißt das auch, dass die Kategorien nicht absolut zu setzen sind. Es entstand eine Art Landschaft von Qualitätsmerkmalen, die nicht alle in einem einzigen Projekt zu realisieren sind, die aber das Feld vermessen, in dem die Projekte angesiedelt werden sollten. Aus den Qualitätsbereichen wurden im Verlauf des Programms Arbeitshilfen für Kulturagentinnen und Kulturagenten sowie für Schulen und Kulturpartner entwickelt, die bei der Umsetzung von qualitativ anspruchsvollen Projekten dienlich sein können.

Profil Kulturagent

Das Alleinstellungsmerkmal des Programms sind die Kulturagentinnen und Kulturagenten. Ihre Arbeit ist der entscheidende Erfolgsfaktor bei der Umsetzung der Programmziele. In Personalunion sind sie künstlerische Impulsgeber, Vermittler, Kultur- und Projektmanager, Prozessbegleiter, Netzwerker, Kommunikatoren und Konfliktmanager. Kulturagentinnen und Kulturagenten sind zu unverzichtbaren Brückenbauern für Schulen, Kulturinstitutionen und Kunstschaffende geworden, um gemeinsam Angebote in hoher Qualität und ausgerichtet an den Interessen der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln. Innerhalb der vier Programmjahre ist ein komplexes Tätigkeitsprofil an der Schnittstelle von Kultur und Bildung entstanden. Die modellhafte Beschreibung dieser neuen Funktion lässt sich als ein zentrales Ergebnis des Modellprogramms festhalten – die umfassende Beschreibung von Handlungsfeldern, Aufgaben, Kenntnissen, Fertigkeiten und Haltungen, die es für die professionelle Bearbeitung dieser Schnittstelle braucht.

Es war für die Ausgestaltung des Modellprogramms besonders wichtig, dass die Kulturagentinnen und Kulturagenten selbst einen künstlerischen Hintergrund hatten, um mit ihrer Expertise künstlerisch beraten zu können. Unter ihnen finden sich Filmemacher, Architekten, Kunstvermittler, Theaterpädagogen, Schauspieler, Musiktheaterregisseure, Bühnenbildner, Bildende Künstler, Kulturwissenschaftler, Kunstpädagogen, Tänzer. Unter anderem sind dieser Heterogenität an Professionen und Profilen  die Vielfalt der künstlerischen Projekte und der Reichtum an Themen, Herangehensweisen, Perspektiven und Netzwerken im gesamten Programm zu verdanken.

Qualifizierung

Für ihre besonderen Aufgaben wurden die Kulturagentinnen und Kulturagenten im Rahmen des Modellprogramms mehrmals im Jahr bedarfsorientiert qualifiziert, sowohl regional in den Länderbüros (und hier zum Teil gemeinsam mit den kulturbeauftragten Lehrerinnen und Lehrern) als auch überregional in der Akademie. Das umfangreiche, im Kulturagentenprogramm entwickelte Qualifizierungsangebot ist für den Transfer nicht zu unterschätzen. Es vermag Impulse für die Aus- und Weiterbildung sowohl von Lehrerinnen und Lehrern als auch von Kunstschaffenden und weiteren Akteuren im Bereich zwischen Schule und Kultur zu geben.

Strukturelle und konzeptionelle Verankerung von kultureller Bildung in Schulen

Kulturbeauftragte und Kulturgruppen

Die ersten Monate im Kulturagentenprogramm glichen einer umfangreichen Suchbewegung aller Akteure. Da das Berufsbild "Kulturagent" neu war, waren Rollen, Aufgaben- und Verantwortungsbereiche sowie Kommunikationsstrukturen noch wenig konturiert: Wer waren die Ansprechpartner für welche Fragen, wie viel Zeit stand für notwendige Absprachen zur Verfügung und vor allem: Wohin sollte die Reise gehen? Welche Ziele steckten sich die Schulen selbst? Welche Kooperationen mit Kulturpartnern gab es bereits, und welche sollten entwickelt werden? Die großen Ziele des Programms waren den Kulturagentinnen und Kulturagenten mit auf den Weg gegeben worden. Nun galt es, dafür Möglichkeiten der Umsetzung zu finden und sie den Gegebenheiten vor Ort anzupassen.

Die Kulturagentinnen und Kulturagenten begannen in einer ersten Erhebungsphase gemeinsam mit den Schulen eine Bestandsaufnahme über die künstlerisch-ästhetische Praxis, die es in den Schulen bereits gab. Dazu zählte der Fachunterricht ebenso wie alle Theater-AGs, Schulchöre, Bläserklassen, Musicalgruppen, aber auch Besuche von Theatern und Museen.

Am Ende dieser ersten Phase stand die Erstellung des sogenannten Kulturfahrplans, in dem die Schulen Ziele und Maßnahmen für ihr kulturelles Schulprofil festhielten. Gleichzeitig galt es, Kulturgruppen oder Steuergruppen "Kultur" in den Schulen zu gründen, in denen die Verantwortung für die Entwicklung eines kulturellen Profils möglichst auf mehrere Schultern verteilt werden sollte. Als schulisches Gegenüber für die Kulturagentinnen und Kulturagenten waren zwar von Anfang an kulturbeauftragte Lehrkräfte benannt worden; dies war sogar eine Voraussetzung für die Teilnahme am Programm. Die Kulturbeauftragten erhielten in der Regel zwei Freistellungsstunden für ihre zeitintensive Schnittstellenfunktion. Dennoch galt es, spätestens in der auf die Konzeptphase folgenden Durchführungsphase weitere Verbündete zu finden, die bei Konzeption und Umsetzung des Kulturfahrplans verantwortlich mitwirken konnten.

Die Kulturbeauftragten sowie Kulturagentinnen und Kulturagenten waren meist die Keimzellen für die Kulturgruppen/Steuergruppen "Kultur". Es hat sich gezeigt, dass es in manchen Schulen lange brauchte, bis eine regelmäßig tagende, funktionstüchtige Kulturgruppe etabliert war. Der Grund dafür liegt in der ohnehin großen zeitlichen Belastung der Lehrerinnen und Lehrer. Zudem war entscheidend, inwieweit die Schulleitungen die Gründung und Arbeit einer Steuergruppe "Kultur" unterstützten. Erfolgreich gelang das beispielsweise, wenn dafür Zeitfenster im Wochenplan eingerichtet wurden. So gehörte die Arbeit in der Kulturgruppe durch ein von offizieller Seite zur Verfügung gestelltes Zeitkontingent selbstverständlich zum Aufgabenbereich der dort engagierten Lehrkräfte und damit zum Alltag der Schule.

Kulturfahrplan

Der Kulturfahrplan bildet das kulturelle Profil einer Schule ab. Er ermöglicht den Schulen einen systematischen Planungs- und Reflexionsprozess, um Angebote kultureller Bildung passgenau zu konzipieren, in allen Jahrgangsstufen langfristig zu verankern und, möglichst im Zusammenspiel mit Kulturpartnern, qualitativ weiterzuentwickeln. Die fünf Schritte: Situationsanalyse, Vision, Zielklärung, Maßnahmenplan, Reflexion haben alle Programmschulen durchlaufen und im Dezember 2012 individuelle Kulturfahrpläne für die Laufzeit des Modellprogramms aufgestellt.

Die Erstellung des Kulturfahrplans verlief an den Schulen sehr unterschiedlich. Unterstützt von "ihren" Kulturagentinnen und Kulturagenten und nicht selten von Kunstschaffenden führten die Schulen Zukunftswerkstätten, Ideenfindungsworkshops, Strategiekonferenzen oder pädagogische Tage durch. Eine möglichst breite Beteiligung der gesamten Schulgemeinde an der Erstellung dieses Plans, so lässt sich die Erfahrung aus dem Modellprogramm zusammenfassen, gewährleistet eine entsprechend hohe Akzeptanz in der Schule. Idealerweise sind nicht nur die Schulleitung und die Kulturgruppe involviert, sondern möglichst viele Lehrkräfte, die Schülerschaft, die Eltern und auch Kulturpartner.

Zum Ende des Modellprogramms rief die Geschäftsstelle die Schulen dazu auf, sich noch einmal mit ihrem Kulturfahrplan zu beschäftigen und diesen bis 2017 fortzuschreiben. 36 Schulen haben ihre "Kulturfahrpläne 2017" eingereicht, die wir im Juni 2015 in der Broschüre "Auftrag Vision" aufbereitet und veröffentlicht haben.

Die Kulturagentinnen und Kulturagenten haben die systematische Verankerung von kultureller Bildung in den Schulen auf unterschiedlichen Ebenen unterstützt, insbesondere als künstlerische Berater, Prozessbegleiter und Moderatoren, ohne sich jedoch als Schulentwickler zu verstehen. Bilanzierend lässt sich gleichwohl festhalten, dass durch das Kulturagentenprogramm diverse Impulse zu einer kulturellen Schulentwicklung ausgegangen sind. Die Steuerung eines solchen Veränderungs- und Entwicklungsprozesses liegt aber bei der Schulleitung, auf deren Unterstützung die Kulturagentinnen und Kulturagenten und alle mit Kulturarbeit betrauten Personen in den Schulen angewiesen waren und bleiben.

Kooperationen von Schulen und Kultureinrichtungen

Die Schulen haben im Rahmen der Kunstgeldprojekte mit vielen unterschiedlichen Kulturpartnern zusammengearbeitet, darunter Theater, Museen, Kulturzentren, Jugendkunstschulen, Hochschulen, Medienvereine, Musikschulen, Kunstvereine, Literatureinrichtungen, Bibliotheken, Galerien, Orchester, Opernhäuser und viele andere mehr. Darüber hinaus war die Mitarbeit von freien Künstlerinnen und Künstlern in der Mehrzahl der Projekte unverzichtbar, zumal diese in vielen Fällen als freischaffende Vermittlerinnen und Vermittler für Kultureinrichtungen tätig waren. Die Form der Kooperation von Schulen mit Kulturinstitutionen variierte von der Bereitstellung von Präsentationsmöglichkeiten bis zu enger inhaltlicher und künstlerischer Zusammenarbeit bei den Projekten.

So hat beispielsweise das Berliner Bode-Museum mit Schülerinnen und Schülern der Bettina-von-Arnim-Schule und der Thomas-Mann-Schule in verschiedenen Pilot-Workshops zu den Themen "Museumskoffer", "Museum und Fotografie" und "Gefühle" Postkarten, Broschüren und Lernmaterialien entwickelt, die auch anderen Berliner Schulen zugänglich sein werden.

Auch in anderen Kooperationsprojekten wurden neue Vermittlungsformate erprobt und neue Formen der Zusammenarbeit ausgelotet. Das Projekt "mapping museum // das lauschen der wände" am LWL–Museum für Kunst und Kultur in Münster verfolgte einen partizipativen Kunstvermittlungsansatz: Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Realschule, der Uppenbergschule sowie der Waldschule Kinderhaus aus Münster wurden zu Alltags- und Atmosphärenforschern, die das wiedereröffnete Museum untersuchten und befragten.

Für das Museum Frieder Burda in Baden-Baden entwickelten Schülerinnen und Schüler der Werkrealschule Lichtental auf Grundlage ihrer intensiven Auseinandersetzung mit der Jubiläumsausstellung des Museums Bilder, Texte, O-Töne und Klänge. So entstand ein Audioguide, der bei jungen und erwachsenen Besuchern des Museums heiß begehrt war.

Zwei Beispiele aus dem (Musik-)Theater zeigen, wie in den Institutionen mittlerweile die Überzeugung wächst, dass ihre Arbeit einen Vermittlungsauftrag einschließt und dieser nicht im Widerspruch zu ihrem "Kerngeschäft" steht:

Mit einer Neuinterpretation des musikalischen Werks "Der Feuervogel" von Igor Strawinsky fand im Juni 2014 eine Aufführung im Theater Erfurt statt, an der professionelle Musikerinnen und Musiker sowie Schülerinnen und Schüler der Friedrich-Schiller-Schule Erfurt gleichermaßen beteiligt waren. Die Präsentation war das Ergebnis einer anderthalbjährigen Zusammenarbeit der Schule mit dem Theater. Beteiligt waren das Philharmonische Orchester Erfurt, fünf externe Künstlerinnen und Künstler und rund 50 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 9.

Ein Beispiel aus Hamburg ist das Opernprojekt "Die Entführung" an der Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg. Gemeinsam mit allen Schülerinnen und Schülern und professionellen Sängern und Musikern wurde im Mai 2015 in Kooperation mit der Hamburgischen Staatsoper ein großes Stationen-Musiktheater zu Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" auf dem Gelände der Grund- und Stadtteilschule entwickelt.

Die Diskussion um den Bildungsauftrag von Kulturinstitutionen, die ja unmittelbar deren Selbstverständnis betrifft, wird von Kulturschaffenden und Kulturpolitik, von Verbänden und an Hochschulen durchaus kontrovers geführt. Hinter der Zielsetzung des Kulturagentenprogramms, Kooperationen zwischen Schulen und Kultureinrichtungen zu fördern, steht die Frage, wie sich Kultureinrichtungen mit neuen Formaten für neue Zielgruppen öffnen können. Also haben auch die Akteure im Programm diese Diskussion aufgegriffen. So stand beispielsweise die Halbzeittagung im November 2013 unter dem Motto "Kooperationsprozessor – Gemeinsam etwas bewegen" und thematisierte Gelingensbedingungen und neue Ideen für Kooperationen zwischen Schule und Kultur. Außerdem haben die Expertinnen und Experten des Beirats des Modellprogramms in ihrem Positionspapier die Notwendigkeit hervorgehoben, dass sich Kultureinrichtungen im Bereich Vermittlung neu positionieren.

Die Auseinandersetzung und Zusammenarbeit mit einem jungen Publikum bereichert die Arbeit der Kulturinstitutionen um innovative Ausdrucks- und Präsentationsformen. Hier liegt die große Chance, sich zu öffnen, die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen kennenzulernen und in konzeptionelle und künstlerische Überlegungen einzubeziehen. Das ist der Mehrwert, den die Kulturinstitutionen aus der Zusammenarbeit mit Kulturagentenschulen gewonnen haben: ein wichtiger Impuls vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und den damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen für die notwendige Selbsterneuerung der Institutionen – kurz: ein Garant für deren Zukunftsfähigkeit.

Das Kulturagentenprogramm hat mit seinen Instrumenten und Maßnahmen zu Veränderungsprozessen geführt, die vorwiegend in Schule angesiedelt waren. Die vier Jahre des Programms haben aber auch gezeigt, dass es vielfältige Überlegungen und Maßnahmen in den Kultureinrichtungen gibt, um die Zusammenarbeit mit Schulen zu intensivieren und zu verstetigen. Auf lange Sicht können die Kultureinrichtungen ihrem Bildungsauftrag und einer größeren gesellschaftlichen Teilhabe aber nur gerecht werden, wenn Vermittlungsabteilungen finanziell und personell besser ausgestattet werden. Denn nur so können die auch aufseiten der Kultur und ihrer Institutionen angestoßenen Reflexionsprozesse weitergeführt werden.

Programmakteure

Ein Programm dieser Größenordnung kann nur mit einer Vielzahl an starken Partnern umgesetzt werden. Ermöglicht wurde die Arbeit der Kulturagentinnen und Kulturagenten durch die Initiative und Förderung der Kulturstiftung des Bundes und der Stiftung Mercator. Die Bundesländer Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen beteiligten sich mit einer erheblichen Kofinanzierung und waren über die Schulministerien eng in die Umsetzung einbezogen. Sie übernahmen die Anwaltschaft für ihre Schulen und trugen mit ihrer Expertise zur Konzeption und zur Umsetzung des Programms bei.

In allen Ländern konnten Kooperationspartner gewonnen werden, die in den Länderbüros das Programm ausgestaltet und ihre jeweilige Expertise bezüglich Schule, kultureller Bildung und Vernetzung eingebracht haben: die Bundesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung, conecco UG – Management städtischer Kultur, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung und die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Baden-Württemberg. Sie hatten die Aufgabe, in den Länderbüros die Fachaufsicht über die bei der Forum K&B GmbH angestellten Kulturagentinnen und Kulturagenten zu übernehmen und diese zu beraten, zu unterstützen und landesspezifisch zu qualifizieren.

Während sich die sogenannte Programm-AG, bestehend aus den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Länderbüros und der Geschäftsstelle, im Verlauf des ersten Programmjahres als notwendige Austauschplattform und Steuerungsebene selbst konstituierte, war der Beirat des Modellprogramms ein von den Initiatoren von Anfang an vorgesehenes Gremium. Ihm gehörten neben Vertreterinnen und Vertretern der Schulministerien und der Fachpartner acht Expertinnen und Experten aus Kunst, Kultur, Wissenschaft und Politik an. Ein zentrales Anliegen des Beirats war die Umsetzung der Kooperationen zwischen Schulen und Kultureinrichtungen. Zudem beteiligten sich die Beiratsmitglieder an der Diskussion über die Qualitätskriterien für Kunstgeldprojekte, zumal sie empfehlend an der Vergabe dieser programminternen Fördermittel beteiligt waren. Zu Beginn des letzten Programmjahres hat der Beirat das bereits erwähnte Positionspapier veröffentlicht, in dem er die Bedeutung der Kulturagentinnen und Kulturagenten als Netzwerker und Multiplikatoren hervorhebt, zukünftige Handlungsfelder beschreibt und Empfehlungen ableitet.

Ausblick

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Kulturagentenprogramm vielerlei Modelle für die Vernetzung und Kooperation von Schulen und Kultureinrichtungen, für strukturelle Veränderungen in Schulen, für die Reflexion über die Qualität künstlerischer Projekte geliefert hat. Um Nachhaltigkeit zu gewährleisten, gehört zudem der Transfer von Wissen und Erfahrung zu den Kernaufgaben eines Modellprogramms. Schon mit der Halbzeittagung im Herbst 2013 als groß angelegtem Erfahrungsaustausch, spätestens aber mit dem letzten Programmjahr wurde die Transferphase eingeläutet. Die Länderbüros in allen beteiligten Bundesländern führten Veranstaltungen durch, in denen anderen Schulen, Kultureinrichtungen, Kommunen und weiteren Akteuren im Feld der kulturellen Bildung Einblicke in die Arbeit der Kulturagentinnen und Kulturagenten eröffnet wurden. Insbesondere die vorliegende Onlinepublikation soll dem systematischen Wissenstransfer dienen.

Die Ideen des Modellprogramms werden nun in die Länder überführt und dort weiterentwickelt. Was könnte ein größerer Erfolg für ein Modellprogramm sein? Zu wünschen ist den Transferprogrammen, dass sich noch mehr Schulen beteiligen, noch mehr Kulturagentinnen und Kulturagenten eingesetzt werden, um dieses Erfolgsmodell dauerhaft zu implementieren. Bereits während der Programmlaufzeit haben die Kulturagentinnen und Kulturagenten Schulen und Kultureinrichtungen dabei unterstützt, sich als Teil eines kulturellen Netzwerks oder auch einer kommunalen Bildungslandschaft zu verstehen. Kulturagentinnen und Kulturagenten als Motoren und Multiplikatoren in einem großen Netzwerk aus Kulturschaffenden, Kulturinstitutionen, Schulen und kommunalen Stellen könnten auch zukünftig dazu beitragen, dass die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Kunst und Kultur als gesamtgesellschaftliche Mission aufgefasst und umgesetzt wird.

Ein weiterer Mehrwert wäre erreicht, wenn unsere Erfahrungen in die Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern, Schulleitungen und Kunstschaffenden einfließen und daraus neue Konzepte entwickelt würden – ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Qualität von kultureller Bildung innerhalb und außerhalb von Schulen.

Mission erfüllt! Es ist schön, das am Ende eines Modellprogramms ausrufen zu können. Aber wie man sieht, gibt es noch viel zu tun. Ich danke allen, die mit ihrem großen Engagement, ihrer Ausdauer, ihrem Erfindungsgeist, ihren Expertisen und Persönlichkeiten zum Erfolg des Kulturagentenprogramms beigetragen haben, und wünsche denen, die in den Transferprogrammen weiterarbeiten, für ihre Mission auch zukünftig viel Erfolg!

Berlin, Juni 2015