Anke Troschke
Theorie und Praxis: Vernetzung in der kulturellen Bildungslandschaft
Anke Troschke

Theorie und Praxis: Vernetzung in der kulturellen Bildungslandschaft

"Netzwerken", "Bildungslandschaft" und "kulturelle Bildung" sind derzeit nicht nur Schlagworte, die inflationär benutzt werden, sondern die eine deutliche Entwicklung in der regionalen Kulturlandschaft bezeichnen. Damit werden an Kommunen, Kulturinstitutionen, Jugendeinrichtungen, Schulen und an die freie kreative Szene neue, komplexe Herausforderungen gestellt. Diese bringen zum einen zusätzliche Aufgabenfelder mit sich, zum anderen aber auch eine große Chance für die Profilbildung in Hinblick auf eine "lernende Region"1. Die Diskussionen in der Kultur- und Bildungspolitik und ihr Niederschlag in aktuellen Publikationen2 reichen mittlerweile auf eine zwanzigjährige Historie zurück:

1995 hat die Bildungskommission Nordrhein-Westfalen zur Erhöhung der Wirksamkeit des Schulsystems vorgeschlagen, nicht nur die Autorität der Einzelschulen zu vergrößern, sondern zudem regionale Bildungslandschaften aufzubauen.3 Ziel, damals wie heute, ist es, die bildungsbiografischen Möglichkeiten unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft der Kinder und Jugendlichen zu verbessern und damit ein Mehr an Bildungsqualität zu erreichen. Hierfür braucht es allerdings professionelle Akteurinnen und Akteure und ein kohärentes Gesamtsystem.4

Das Konzept der kommunalen Bildungslandschaften wird in Deutschland unter anderem im "Diskussionspapier des Deutschen Vereins zum Aufbau Kommunaler Bildungslandschaften" (2007), in der "Aachener Erklärung" des Deutschen Städtetags 20075 und im 12. Kinder- und Jugendbericht der deutschen Bundesregierung von 2005 dargestellt. Seitdem und verstärkt seit dem ersten "PISA-Schock" 2004 haben viele Städte und Gemeinden einen Paradigmenwechsel vollzogen. Die Kommunen haben ihre bis dahin vorwiegend auf die Bereitstellung der Infrastruktur für Bildung beschränkte Rolle in eine aktive, Bildung und Partizipation auch qualitativ fördernde Verantwortung weiterentwickelt. Bildung wird zunehmend zur Zukunftsstrategie und zu einem aktiven Instrument kommunaler Entwicklung.6 Kommunen haben erkannt, "dass kulturelle Bildung und ihre strukturelle Verankerung nicht nette Add-ons sind, sondern als Querschnittsthema sämtliche Bereiche berühren"7, so Gisela Wibbing von der Arbeitsstelle für kulturelle Bildung in Remscheid. Auf dieser Grundlage haben das Land Nordrhein-Westfalen und inzwischen 50 der 53 kreisfreien Städte und Kreise seit 2008 Kooperationsverträge abgeschlossen. Mit diesen wurden regionale Bildungsnetzwerke auf Ebene der kreisfreien Städte und Kreise geschaffen, die einen institutionellen, übergreifenden, staatlich-kommunalen Kooperationsrahmen zur Ausgestaltung der Bildungslandschaft in der Region bilden.

Zentraler Ansatz der Bildungsnetzwerke ist es, auf der kommunalen Ebene ein Gesamtsystem von Erziehung, Bildung und Betreuung zu schaffen. Die regionalen Bildungsnetzwerke zeichnen sich vor allem durch drei Strukturelemente aus: Erstens werden Kooperation und Vernetzung der Akteurinnen und Akteure sowie Institutionen der unterschiedlichen Bildungsbereiche gefördert und umgesetzt. Zweitens wird eine regelmäßige Bildungsberichterstattung (Bildungsmonitoring) als Datenbasis und Steuerungsgrundlage für politische Entscheidungen etabliert. Drittens werden die erforderlichen administrativen Strukturen wie Bildungskonferenz und Bildungsbüros zur Steuerung der operativen Arbeit geschaffen. Eine Mindestausstattung der Bildungsbüros mit Personal wird von beiden Partnern auf Dauer finanziert. Entstanden sind inzwischen – regional sehr unterschiedliche – vielfältige Formen der Vernetzung und Zusammenarbeit. Einzelne Städte sind als Vorreiter in Hinblick auf neue Konzepte und tragende Ideen unterwegs. So gehört die Stadt Oberhausen zu den Vorzeigekommunen im Landeswettbewerb "Auf dem Weg zum Kinder- und Jugendkulturland NRW".8 Die Ruhrgebietsstadt wurde für ihr kommunales Gesamtkonzept für kulturelle Bildung schon mehrfach ausgezeichnet. Das Oberhausener Modell der kulturellen Bildung basiert auf drei Säulen: auf den Kultureinrichtungen der Stadt, auf Partnern in der kulturellen Bildung und auf den Schulen.

Um die Zusammenarbeit mit den Schulen weiter zu stärken, verfolgt Oberhausen zwei Strategien. Ebenso wie im Modellprogramm "Kulturagenten für kreative Schulen" wird an den Schulen eine Lehrkraft als Kulturbeauftragte benannt, die die Wünsche der Schule vertreten und Anregungen und Möglichkeiten aus dem Kulturbereich in die Schulen tragen soll. Diese Lehrkräfte werden regelmäßig mit Informationen über das Kulturangebot versorgt und in die Entwicklung neuer Konzepte kultureller Bildung einbezogen. Schulen, die sich sogar für eine Schwerpunktbildung im Bereich kultureller Bildung entschieden haben, werden auf ihrem Weg unterstützt, "Kulturschule" zu werden. Durch die Zusammenarbeit mit mir als Kulturagentin konnten im Sommer 2013 alle drei Kulturagentenschulen Oberhausens mit dem Label "Kulturschule" ausgezeichnet werden. Alle Bestrebungen zusammen bilden in Oberhausen ein vielteiliges Netzwerk von Angeboten kultureller Bildung. "Eine Vernetzung aller Akteure vor Ort kann Kräfte bündeln und dazu beitragen, dass mehr Kinder, Jugendliche und ihre Eltern sich für Kunst und Kultur begeistern"9, konstatiert Apostolos Tsalastras, Stadtkämmerer und Kulturdezernent der Stadt Oberhausen.

Betrachtet man den Begriff "Bildungslandschaft" unter raumtheoretischen Aspekten, sind Städte und Landschaften topografische, geografische und zugleich semiotische Räume, die durch Geschichte und Gesellschaft, Identität und Beziehungsgeflechte, Natur und Kultur geprägt sind. Eine Landschaft ist durch Höhenzüge, Täler, verdichtete Siedlungsstrukturen, Flüsse und unwegsames Gelände gekennzeichnet. Wie auch immer die Landschaft aussieht, in der Regel gibt es einzelne Wege, manchmal nur Trampelpfade, Brücken, die die Flüsse und Täler überwinden. Landschaft bedeutet in diesem Kontext das Zusammenspiel der einzelnen Orte, Elemente beziehungsweise Akteure. Sybille Linke, Programmleitende Geschäftsführerin des Programms "Kulturagenten für kreative Schulen" setzte dieses Bild ein, als sie die Ziele des Programms beschrieb: "Wir versuchen, neue Wege zu gehen. Erst mögen das schmale Trampelpfade sein. Die Kulturagentinnen und Kulturagenten aber treten diese Wege aus, indem sie für den Austausch zwischen den einzelnen Akteuren sorgen. Allmählich werden dann daraus gut ausgebaute Straßen, die für alle zum Ziel führen."

In Oberhausen hatte das Bildungsbüro mit seiner auf dem Gesamtkonzept beruhenden Struktur schon Wege geebnet, als ich meine Arbeit dort im September 2011 an drei Schulen aufnahm. Nun ging es darum, getreu dem Motto "lokale Bildungslandschaften gedeihen am besten von unten"10 der Struktur "noch mehr Leben einzuhauchen, sie zu beatmen"11, wie es Brigitte Schorn formuliert hat. Mit dem Ziel, zusammen mit allen kulturellen Akteurinnen und Akteuren, Kunstschaffenden, Kulturinstitutionen, der freien Szene, den Jugendeinrichtungen und den Schulen gemeinsame Inhalte zu definieren und möglicherweise schon Projektideen zu kreieren, stattete ich in meiner Funktion als Brückenbauerin allen Beteiligten sehr früh einen Besuch ab. Auf der einen Seite steht die Schule als formaler Bildungsträger mit einer klaren Zielorientierung bei hoher pädagogischer Kompetenz. Auf der anderen Seite befinden sich die jeweilige Kulturinstitution/die jeweiligen Kunstschaffenden mit nonformaler Bildungsausrichtung, aber mit einem klar definierten Bildungsauftrag und im Idealfall dem Bestreben, neue Formate und Methoden zur Vermittlung zu entwickeln. Ihr Fokus liegt eher auf dem Prozess, der von hoher künstlerischer Kompetenz begleitet wird. Eine gemeinsame Schnittmengendefinition beider Seiten ist sicher eine der Grundvoraussetzungen für eine gelingende Zusammenarbeit. Dabei liegen die Vorteile des Netzwerkens und Verknüpfens auf der Hand: Man kann Synergieeffekte nutzen, die das Potenzial des Einzelnen übersteigen, und dabei ganz praktisch denken. Nicht nur Erfahrungen können ausgetauscht, sondern auch Materialien und komplexe Aufgaben arbeitsteilig angegangen werden, was zu kreativen Problemlösungen führen kann. Dr. Burkard Zeppenfeld, Standortleiter des LVR-Industriemuseums Oberhausen, beschreibt das Netzwerken mit Schule wie folgt: "Im Vordergrund der Kooperation zwischen Schule und Museum müssen natürlich die Schülerinnen und Schüler stehen. Ihnen Lernerfolge zu bereiten, ihnen Spaß am Lernen zu vermitteln, sollte das Ziel einer solchen Kooperation sein. Das LVR-Industriemuseum eröffnet diese Möglichkeit mit seinem außerschulischen Lernort. Zunächst können hier die vielfältigen dauerhaften Angebote in einer nichtschulischen Atmosphäre genutzt werden. Eine engere, projektbezogene Kooperation zwischen Schule und Museum eröffnet aber auch die Möglichkeit, Einzelprojekte zu realisieren, die auf eine spezifische Gruppe von Schülerinnen und Schülern zugeschnitten sind. Hier lernen wir mit- und voneinander. Gemeinsam ermöglichen wir ein fantasievolles Lernen, das neben der Vermittlung von Kompetenzen und Wissen auch Spaß macht."12

2014 haben alle drei Kulturagentenschulen in Oberhausen – die Gesamtschule Weierheide, die Fasia Jansen Gesamtschule und die Hauptschule Alstaden – mit dem LVR-Industriemuseum Oberhausen das gemeinsame Netzwerkprojekt "1914 in school" realisiert. Insgesamt 20 Klassen setzten sich in unterschiedlichen Fächern wie Deutsch, Geschichte, Philosophie, Hauswirtschaftslehre, Kunst, Chemie, Sport, Darstellen und Gestalten und Erdkunde inhaltlich mit der hundertjährigen Wiederkehr des Ersten Weltkriegs auseinander. Besuche der ständigen Sammlung des Industriemuseums, des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek dienten ergänzend der Recherchearbeit und der Vertiefung der Inhalte. Die schulbibliothekarische Arbeitsstelle stellte Medienkisten zusammen, die die Lehrkräfte im Unterricht einsetzen konnten. Exkursionen zu Denkmälern, historischen Gebäuden und Friedhöfen erweiterten das Bewusstsein für die Thematik ebenso wie ein Besuch des Theaterstücks "1913" im Theater Oberhausen. Das Lernen erfolgte durch den Besuch der außerschulischen Lernorte mit allen Sinnen. Die sehr unterschiedlichen künstlerischen Ergebnisse der Auseinandersetzung wurden von Juni bis Oktober 2014 in der Dauerausstellung im Industriemuseum präsentiert. Dort mussten sich die Schülerinnen und Schüler mit den Exponaten der Sammlung beschäftigen und den jeweiligen Ort für ihr eigenes Objekt finden. Sie kuratierten die Ausstellung jedoch nicht nur selbst, sie bauten sie auch auf und agierten während der Eröffnungsveranstaltung als Cicerone vor ihren Exponaten.

Netzwerken in Oberhausen bedeutet aber auch, dass zu allen Aufführungen, Ausstellungen und Veranstaltungen der Kulturagentenschulen die Kulturinstitutionen als wichtige Partner eingeladen werden. Schon hier bieten sich viele Gesprächsanlässe; der ständige Dialog wird großgeschrieben. Hans-Dietrich Kluge-Jindra, Leiter des Bereichs Bert-Brecht-Bildungs-Zentrum der Stadt Oberhausen, in dem die Stadtbibliothek und die VHS zusammengeführt sind, beschreibt dies so: "Oberhausen ist eine mittelgroße Ruhrgebietsstadt. Im Bereich der Kultur kennen wir uns alle, sind ständig im Gespräch und haben alle das gleiche Ziel: Es ist ein Gedanke, ein Geist, der uns antreibt. Die Teilhabe an Kunst, Kultur und Bildung soll für jeden in Oberhausen möglich sein."13

Was aber sind die weiteren Grundbedingungen für eine erfolgreiche Netzwerkarbeit? Sie erfordert in hohem Maße Verständigungs-, Abstimmungs- und Aushandlungsprozesse, wofür personelle und zeitliche Ressourcen zur Verfügung stehen müssen. In einem Netzwerk sollten regelmäßig Arbeitstreffen stattfinden, um die Kontinuität der Zusammenarbeit zu sichern. Zu "1914 in school" haben sich die Beteiligten, darunter die Schulleiter, der Museumsleiter, die Volontärin, die Kulturbeauftragte, die Lehrkräfte, die Kulturagentin und die Schülerschaft alle vier bis sechs Wochen getroffen. Neben der Sachebene zu den Diskussionen über Positionen und der Offenlegung der Arbeitsprozesse kam eine persönliche Ebene ins Spiel, die meines Erachtens für ein Arbeiten in Partnerschaften maßgeblich ist. In diesem Prozess wirken die Kulturbeauftragten unterstützend: Sie sind die Kontaktpersonen, die sowohl von der Schulleitung als auch vom Kollegium akzeptiert sind. Zudem stellen sie sicher, dass alle am Netzwerk Beteiligten auf gleichem Kenntnisstand sein können, was Missverständnissen vorbeugt. Damit alle gleichzeitig informiert werden, eignet sich ein Newsletter oder eine Homepage.14 Auch gemeinsame Fortbildungsmaßnahmen und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit stärken die Netzwerkidentität. Diese kann wiederum politisch-strategisch für die Außendarstellung eine größere Wirkung erzielen. Für die Schulen bedeutet das Netzwerken auch eine Weiterentwicklung des pädagogischen Konzepts der Schule: Es führt zu mehr Kooperation innerhalb des eigenen Kollegiums, die Unterrichtsqualität und Erziehungsarbeit wird verbessert, und durch die zunehmende Öffnung der Schule wird das Schulleben bereichert. Hermann Dietsch, Schulleiter der Gesamtschule Weierheide, sieht es so: "Die zahlreichen Kooperationen zwischen Schule und Kulturinstitutionen, die durch die Arbeit der Kulturagentin ermöglicht wurden, sind für mich als Schulleiter ein wichtiger Garant, kulturelle Bildung nachhaltig im Schullalltag zu verankern. Wir spüren auf unterschiedlichen Ebenen, wie sich die Partnerschaften auf unsere Schülerinnen und Schüler positiv auswirken."

Dass Netzwerken und Schulentwicklung sich gegenseitig bedingen, konstatiert auch Max Fuchs in seinem Artikel "Auf dem Weg zur Kulturschule": "Kulturschulen stehen in systemischen Netzwerkbeziehungen zu zahlreichen Bildungspartnern des regionalen Umfeldes, denn eine einzelne Schule kann das Lebensziel Lebenskunst nicht vermitteln. Sie braucht langfristige und nachhaltige Kooperationen mit Trägern und Einrichtungen der kulturellen Bildung mit weiteren Schulen und Kindertagesstätten sowie mit Partnern der Kinder- und Jugendhilfe. Schulen, die sich in allen Bereichen durch eine gewisse Kulturaffinität auszeichnen, bringen erfahrungsgemäß gute Voraussetzungen für Kooperationen mit außerschulischen Partnern und damit ein hohes Maß an ,Dezentralisierungspotenzial für Bildung" mit. So schafft kulturelle Schulentwicklung für die Schülerinnen und Schüler mehr Zugänge zu dritten Lernorten und zu mehr Teilhabe an außerschulischen Kunst- und Kulturangeboten. Im Idealfall ist eine Kulturschule Teil einer dezentral angelegten lokalen Bildungslandschaft, die unterschiedlichste Bildungsorte miteinander vernetzt und damit vielfältige Bildungsgelegenheiten für Kinder und Jugendliche ermöglicht."15

"Der Mensch ist von Grunde auf ein soziales Wesen", konstatierte einst Oscar Wilde und Karl Marx erklärt, dass "er reicher ist, je mehr Verbindungen er hat". Überträgt man beide Annahmen auf die "Lernende Region", könnte man sagen, dass eine regionale Bildungslandschaft kulturell reicher wird, je vielfältiger sie vernetzt ist. Allerdings gibt es keine Patentrezepte, die sich einfach übertragen ließen. Hier wie in vielen Fällen der kulturellen Bildung ist der Weg das Ziel. Wichtig sind eine übergeordnete Struktur, die der Komplexität des Themas gerecht wird, und der ständige Dialog vor Ort. Das zentrale Element in der lokalen Bildungslandschaft ist die Kommunikation, die Abstimmung der Bildungsorganisationen und die Steuerung und Koordination. Zwar ist "die Selbststeuerung eines der zentralen Kennzeichen erfolgreicher Netzwerke. […] Gleichwohl kann es jedoch eine Koordinierungsfunktion innerhalb oder außerhalb des Netzwerkes geben, denn Arbeitstreffen müssen vor- und nachbereitet, Fortbildungen geplant und organisiert werden. Auch Ressourcen müssen verlässlich zur Verfügung stehen. Dies kann durch eine Koordinierung außerhalb des Netzwerkes effektiv bearbeitet werden."16 Es sollte eine Instanz sein, die Visionen sowie aktuelle Projektideen koordiniert und kommuniziert, Transparenz zwischen den Akteurinnen und Akteuren herstellt und Leitbilder in die Struktur einbettet. Genuin gehört es zu den Aufgaben der Kulturagentinnen und Kulturagenten, Brücken zwischen den formalen und nonformalen Bildungspartnern zu bauen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kulturagentinnen und Kulturagenten Schaltstellen sind, die Kommunikation kanalisieren und zwischen Systemen "übersetzen": Sie sind intermediäre Akteure, die zu keinem System gehören. Flankierend könnte ein Internetportal, eine künstlerische Kulturkarte der regionalen Bildungslandschaft oder ein "Mapping the region 2.0"17 dazu dienen, wichtige Informationen zu bündeln und ständig verfügbar zu halten. Alle kulturellen Angebote der Institutionen, freien Szene und der Schulen könnten hier eingestellt werden, um für kulturinteressierte Bürgerinnen und Bürger nutzbar zu sein. Dabei spielen die Schülerinnen und Schüler eine besondere Rolle: Sie sind nicht nur eine der Hauptzielgruppen, sondern sollten stärker zu Wort kommen; ihre Bedürfnisse und Wünsche sollten berücksichtigt werden können. Partizipation sollte die wichtigste Grundlage für das Gestalten von Bildungslandschaften sein. Was bedeutet eine lokale Bildungslandschaft aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen? Gibt es eine innere Landkarte der Kinder und Jugendlichen? Welche Räume und Orte nutzen sie? Eine Kulturkarte könnte auch hier eine Möglichkeit sein, Identität zu schaffen und neue Wege zu eröffnen.

Abschließend kann man konstatieren, dass Nordrhein-Westfalen eine Vorreiterrolle in Bezug auf die Gestaltung einer kulturellen Bildungslandschaft einnimmt, dennoch gibt es noch viel zu tun! Die aktuelle Empfehlung des Rats für kulturelle Bildung lautet: "Das Angebot in Kitas und Schulen muss durch eine Fülle unterschiedlicher Möglichkeiten zu freiwilliger kultureller Bildung im nonformalen Bereich ergänzt und erweitert werden, die auf individuelle kulturelle Bildungsinteressen bezogen sind und sich über den gesamten Lebenslauf erstrecken. Dazu müssen kommunale Bildungslandschaften weiter entwickelt werden – das muss zu einer Hauptaufgabe der Kultur- und Bildungspolitik werden."18

1 Zum Begriff "lernende Region" vgl: Minderop, Dorothea; Solzbacher, Claudia (Hg.): Bildungsnetzwerke und Regionale Bildungslandschaften. Ziele und Konzepte, Aufgaben und Prozess, München 2007.

2 Einen aktuellen Überblick liefert Kelb, Viola (Hg.): Gut vernetzt?! Kulturelle Bildung in lokalen Bildungslandschaften, München 2014.

3 Bildungskommission NRW: "Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft" – Denkschrift der Kommission beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Neuwied, Kriftel, Berlin 1995.

4 Huber, Stephan Gerhard (Hg.): Kooperative Bildungslandschaften. Netzwerke(n) im und mit System, Köln 2014.

5 Aachener Erklärung des Deutschen Städtetages anlässlich des Kongresses "Bildung in der Stadt" am 22./23. November 2007, u. a. online: www.jena.de/fm/1727/aachener_erklaerung.pdf [21.03.2015].

6 Vgl. Hebborn, Klaus (Städtetag NRW): "Kulturelle Bildung und kommunale Bildungslandschaft", in: Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.): Auf dem Weg zum Kinder- und Jugendkulturland NRW, Düsseldorf 2014, S. 11.

7 Zitiert aus einem Interview mit Brigitte Schorn und Gisela Wibbing, Arbeitsstelle für Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit NRW", das die Autorin am 12.09.2014 führte. Die Arbeitsstelle ist eine gemeinsame Einrichtung des Schulministeriums und des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW sowie der Akademie Remscheid. Sie informiert Schulen, Einrichtungen der Jugendarbeit und Bildungsnetzwerke über Möglichkeiten der langfristigen Erweiterung ihres kulturellen Bildungsangebots und berät bei der Zusammenarbeit und nachhaltigen Vernetzung mit Kooperationspartnern aus Kunst und Kultur.

8 Hebborn, K., a. a. O.

9 Apostolos Tsalastras im Gespräch mit Autorin am 16.12.2014.

10 Lücke, Birgit: "Keimzelle Kommune", in: Kelb, V., a. a. O., S. 199–204.

11 Siehe Anm. 5.

12 Dr. Zeppenfeld im Gespräch mit der Autorin am 12.02.2014.

13 Herr Kluge-Jindra im Gespräch mit der Autorin am 16.12.2014.

14 Alischa Diana Leutner, Kulturbeauftragte der Gesamtschule Weierheide, hat zu diesem Zweck eine Webseite eingerichtet unter: www.1914inschool.de [12.01.2015].

15 Fuchs, Max: "Auf dem Weg zur Kulturschule", in: Braun, Tom; Fuchs, Max; Kelb, Viola; Schorn, Brigitte (Hg.): Auf dem Weg zur Kulturschule II, München 2013, S. 17.

16 Rürup, Matthias; Röbken, Heinke; Emmerich, Marcus; Dunkake, Imke: Netzwerke im Bildungswesen: Eine Einführung in ihre Analyse und Gestaltung, Köln 2014, S. 144.

17 "Mapping the region" war ein gemeinsames Ausstellungsprojekt der RuhrKunstMuseen im Kulturhauptstadtjahr 2010.

18 Rat für Kulturelle Bildung: Schön dass ihr da seid. Kulturelle Bildung: Teilhabe und Zugänge, Essen 2014, S. 94.