Bianca Fischer
Kulturelle und künstlerisch-ästhetische Bildung in Schule
Bianca Fischer

Kulturelle und künstlerisch-ästhetische Bildung in Schule

Kulturelle und künstlerisch-ästhetische Bildung in Schule ist eines der zentralen Themen der Qualifizierungen der Kulturagentinnen, Kulturagenten und Kulturbeauftragten im Kulturagentenprogramm. Schließlich möchte das Programm Impulse zu einer Veränderung von Schule und Bildung durch mehr Kunst und Kultur geben. Um die Kulturagentinnen und Kulturagenten bei der Potenzialentfaltung von kultureller Bildung in Schule – im Zusammenspiel der Akteure – bestmöglich mit fachlichem Know-how auszustatten und zu unterstützen, waren "kulturelle Bildung in Schule", "kulturelle/künstlerische Vermittlungsarbeit" und "Qualität" Querschnittsthemen in allen fünf regionalen Qualifizierungen.

Grundverständnis von kultureller Bildung in Schule

Kulturelle Bildung verstehen die Programmbeteiligten als ein Lernen in, mit und durch die Künste, das sowohl das Selbstgestalten (Produktion) als auch das Wahrnehmen und Reflektieren (Rezeption) mit einbezieht. Gerade in Schule erreicht man alle Kinder und Jugendliche, daher können künstlerisch-ästhetische Angebote hier zu mehr kultureller und letztlich gesellschaftlicher Teilhabe beitragen.

Zentrale Ziele des Kulturagentenprogramms sind:

  • bei Kindern und Jugendlichen Neugier für Kunst und Kultur zu wecken,
  • ihnen mehr Kenntnisse über Kunst und Kultur zu vermitteln,
  • die Stärkung ihrer Persönlichkeit zu fördern,
  • ihnen die Chance zu eröffnen, künftige Akteure einer kulturinteressierten Öffentlichkeit zu werden,
  • die Teilhabe an Kunst und Kultur als festen Bestandteil in den Alltag von Kindern und Jugendlichen zu integrieren.1

 

Mit Kulturagenten Kooperationen fördern und Kulturpotenziale in Schule entfalten

Die Entfaltung der Potenziale von kultureller Bildung in Schule kann nur gelingen, wenn sich alle Beteiligten gleichermaßen für kulturelle Bildung in Schule begeistern, den Mehrwert für sich selbst und/oder ihre Institution sehen, daran Spaß haben und ihr einen festen Platz im schulischen Alltag einräumen. Kulturagentinnen und Kulturagenten haben als Berater, Begleiter, Moderatoren und teils als Initiatoren dieser Prozesse eine besondere Rolle. Viele Akteure – wie Kulturbeauftragte, Fachlehrer, Schulleitungsmitglieder, Künstlerinnen und Künstler, Vertreter von Kulturinstitutionen – aus unterschiedlichen Fachbereichen und Berufsfeldern sowie strukturellen Zusammenhängen kommen als Experten zusammen, um gemeinsame Konzepte und Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Aber was braucht es, damit Menschen mit derart unterschiedlichen Professionen als ein Team agieren können?

Um Räume für kulturell-ästhetisches Lernen zu eröffnen, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen einzubeziehen sowie Unterricht und kulturelle Bildung zu verzahnen, sind viele Grundlagen wichtig. Neben Räumen zum Aushandeln und neben gemeinsamen Kommunikationsformen braucht es vor allem ein gemeinsames Verständnis von kultureller Bildung und der jeweiligen institutionellen Strukturen. Zum Handwerkszeug der Kulturagentinnen und Kulturagenten gehört es daher unter anderem auf lokaler und überregionaler Ebene, Diskurse, Programme und Akteure der kulturellen Bildung zu kennen und argumentativ vertreten zu können. Denn Bündnispartner lassen sich nur gewinnen und halten, wenn sich Projekte im Rahmen ihrer Interessen, Zuständigkeiten und Handlungsbereiche bewegen. Ebenso lassen sich die Akteure in Schule für mehr kulturelle Bildung in und mit Schule – über die künstlerischen Schulfächer hinaus – nur gewinnen, wenn ihnen der Mehrwert dessen bewusst ist. Die Kulturagentinnen und Kulturagenten brauchen für diese Moderations- und Vermittlungsarbeit unter anderem viel Feingespür für die unterschiedlichen Akteursgruppen und ihre jeweiligen Zielsetzungen sowie fachliches Hintergrundwissen, Kommunikationsgeschick und Kenntnisse im Projektmanagement, in der Prozessbegleitung. Inhaltliches und strukturelles Hintergrundwissen fließen dabei im Idealfall mit methodischen Herangehens- und Arbeitsweisen zusammen.

 

Rolle der Künste in Schule

Die Auseinandersetzung mit den Künsten kann einen unverzichtbaren Beitrag zur Selbstbildung und Weltaneignung von Kindern und Jugendlichen leisten. Mit, in und durch die Künste können Kinder und Jugendliche Reflexionsprozesse vollziehen, ihren eigenen Ausdruck erproben, Gestaltungsfreiräume erfahren sowie mit allen Sinnen – also auch emotional affektiv und leibbezogen – lernen. Welche Kunstformen (Theater, Tanz, Bildende Kunst, Musik, Zirkus, Literatur, Medien und so weiter) werden jedoch von den Partnern gewünscht und passt zu diesen? Sollen sie sich die Angebote eher im Rahmen der Hoch- oder der Subkultur bewegen? Sollen sie eher ergebnis- oder prozessorientiert sein? Welche Kulturinstitutionen und Personen sollen und wollen Kooperationspartner sein? Wählt man beispielsweise das städtische Museum vor Ort oder die Jugendkunstschule als Partner? Soll die Arbeit in und mit den Künsten profilbildend für die Schule sein und Teil der Schulkultur werden? Sollen fächerübergreifende Angebote geschaffen werden, beispielsweise mit Tanz und Mathematik?

Um die Schulen sowohl bei der Klärung dieser Fragen, bei der Konzeption und Auswertung des Kulturfahrplans als auch bei Projekten und anderen Angeboten zu beraten, war eine spezifisch künstlerische Expertise von den Kulturagentinnen und Kulturagenten gefordert: Sie sollten ihre Urteilsfähigkeit in Bezug auf unterschiedliche künstlerische Methoden und Sparten genauso wie auch über spartenübergreifende und partizipative künstlerische Ansätze einbringen, um gemeinsam mit den Schulen zu klären, welche künstlerischen Projekte und Angebotsformate sich eignen.

 

Qualität in der Zusammenarbeit von Kultur und Schule

Gerade in Kooperationen von Schule mit außerschulischen Akteuren stellen sich immer wieder Fragen danach, wer welche Qualität(en) einbringt und welche Qualitätskriterien zu Grunde gelegt werden. Ästhetisch-künstlerische Qualität fragt beispielsweise implizit danach, was eigentlich "gute Kunst" sei. Aber wer definiert und bestimmt dies in der Zusammenarbeit? Häufig kollidieren die unterschiedlichen Ansprüche, Inhalte, Rahmenbedingungen, Herangehensweisen und nicht zuletzt Qualitätsverständnisse – nicht nur zwischen Schulen und Kulturpartnern, sondern selbst zwischen den unterschiedlichen außerschulischen Akteuren der kulturellen Bildung, zum Beispiel einem freien Künstler, einem Kinder- und Jugendtheater und einem Museum. Neben der künstlerischen Qualität kultureller Bildung spielen in der Zusammenarbeit der Akteure immer wieder auch andere Qualitätsdimensionen wie zum Beispiel die pädagogische Qualität (Partizipation oder Ähnliches), die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität eine wichtige Rolle. Kulturagentinnen und Kulturagenten sollten deshalb über Einblicke in Qualitätsdiskurse innerhalb der kulturellen Bildung und in die unterschiedlichen Positionen verfügen, um unterschiedliche Qualität(en) prozesshaft zu erkennen, zu benennen, zu vertreten, transparent zu machen und nicht zuletzt um mit den Akteuren verhandeln zu können. In diesem Aushandlungsprozess nimmt der eigene (künstlerische) Standpunkt natürlich eine wichtige Rolle ein. Dieser sollte im Diskurs verortet und beschrieben werden können.

 

Konzeption und Eingang des Themenspektrums in die regionalen Qualifizierungen

Von August 2011 bis August 2015 haben die Länderbüros programmbegleitend über den Zeitraum von vier Jahren unterschiedliche Qualifizierungsmodule für die Kulturagentinnen und Kulturagenten und zum Teil für die Vertreter der Schulen angeboten. Das Landesbüro NRW hat beispielsweise insgesamt 19 Qualifizierungen in Form von ein- bis zweitägigen Veranstaltungen durchgeführt.

Die von den Länderbüros konzeptionierten und organisierten regionalen Qualifizierungen boten den Kulturagentinnen und Kulturagenten Raum, insbesondere Fragen und Themen zur kulturellen und künstlerisch-ästhetischen Bildung in Schule zu reflektieren, zu diskutieren, sich mit Expertinnen und Experten darüber auszutauschen, ihr Fach- und Diskurswissen zu erweitern sowie exemplarische Praxisansätze zu erproben. Zur Umsetzung der Qualifizierungen wurden in allen fünf Bundesländern, Expertinnen und Experten unterschiedlicher Professionen aus den Bereichen Wissenschaft, Schule, Schulentwicklung, aus Kulturinstitutionen, aus unterschiedlichen Künsten (Kulturpädagogen, Künstler, Choreografen und so weiter) sowie aus den Bereichen Coaching, Projektmanagement, Organisationsentwicklung und Prozessbegleitung einbezogen. Die Kooperationspartner brachten maßgeblich ihre spezifischen fachlichen Expertisen im Bereich kultureller Bildung, Kooperation von Schule und Kultur, kultureller Schulentwicklung, Auf- und Ausbau von Bildungslandschaften ein.

Im Rahmen der Qualifizierungen wurde daher beispielsweise den Kulturagentinnen und Kulturagenten, aber auch den Kulturbeauftragten und den Schulleitungen der Raum gegeben, um

  • Lern- und Entwicklungsprozesse zu einer langfristigen Verankerung anzustoßen und zu reflektieren,
  • den Mehrwert kultureller Bildung und künstlerisch-ästhetischen Lernens und der Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams gemeinsam unter die Lupe zu nehmen, sich thematisch und fachlich weiterzubilden,
  • sich über individuelle Entwicklungsstände und Prozesse in den jeweiligen Schulen auszutauschen und sich kollegial zu beraten,
  • eigene künstlerische Erfahrungen zu sammeln (dies war vor allem für die Schulvertreterinnen und -vertreter wichtig).

 

Dabei ging es sowohl um die theoretische Auseinandersetzung mit Fachtexten, Praxishilfen und Ansätzen zur kulturellen Schulentwicklung, zu kultureller Bildung und Schul- beziehungsweise Organisationsentwicklung im Allgemeinen sowie zu Qualitätsdimensionen (wie zum Beispiel anhand des Qualitätstableaus der BKJ2 oder zu den im Programm entwickelten Qualitätsdimensionen) als auch um die Vorstellung und Diskussion von Praxisbeispielen und -erfahrungen. Zudem wurden bei den Qualifizierungen handlungspraktische Ansätze, Angebote, Kooperationen und Strategien reflektiert und analysiert, die von den Schulen gemeinsam mit den Kulturagentinnen und Kulturagenten sowie den Kulturpartnern entwickelt wurden.

 

Zusammenspiel von Inhalten und Methoden

Der Schlüssel zur Verankerung kultureller Bildung in Schule liegt im Zusammenspiel von inhaltlichem und methodischem Know-how der beteiligten Akteure, jedoch insbesondere der Kulturagentinnen und Kulturagenten, um entsprechende Prozesse und Entwicklungen anzustoßen, zu begleiten, zu analysieren und gemeinsam zu reflektieren.

In den Qualifizierungen für die Kulturagentinnen und Kulturagenten standen vor allem selbstreflexive und prozessbegleitende Themen wie beispielsweise die

  • Klärung der eigenen Rolle(n) und der Haltung(en)
  • professionelles Handeln und Auftreten in den Schulen
  • Zeit-, Projekt- und Selbstmanagement
  • Gesprächsführungs- und Kommunikationstechniken sowie Konfliktlösungsstrategien
  • Auseinandersetzung mit künstlerischen Methoden, der Rolle der Künste in Schule und künstlerisch-ästhetischer Qualität im Vordergrund.

 

Qualitätsbereiche künstlerisch-ästhetischer Bildung

Das Oberthema der kulturellen und künstlerisch-ästhetischen Bildung in Schule lässt sich grob in folgende zentrale Qualitätsbereiche und Fragstellungen untergliedern:

  • Gegenwärtige Kunst-, Kultur(-vermittlungs)- und Bildungsdiskurse:
    • Was ist kulturelle Bildung?
    • Was sind Vermittlungsziele kultureller Bildung?
    • Wo ist der Unterschied zwischen Erziehung und Bildung?
    • Welche Vorstellung von Bildung verfolgen die Schule, die Politik, das Programm? Und wie geht das zusammen?
    • Wie kann sie zur kulturellen Teilhabe von Kindern und Jugendlichen beitragen?
    • Wie kann sie zu zentralen Bildungsthemen/-herausforderungen wie "Inklusion", "kulturelle Vielfalt leben" oder "Migration" beitragen?
  • Landes- und Bundesprogramme zu kultureller Bildung insbesondere an der Schnittstelle Kooperation mit Schule
  • Gelingensbedingungen von künstlerisch-ästhetischen Projekten in und mit Schule
    • Künstlerisch-ästhetische Voraussetzungen? Strukturelle Rahmenbedingungen (Räume, Finanzen, Personal und so weiter)?
    • Wie kann kulturelle Bildung in Schule langfristig verankert werden?
    • Wo und wie können (Frei)Räume für künstlerisch-ästhetisches Lernen geschaffen werden?
    • Wie können die Kulturagent/innen diese Prozesse moderieren, begleiten und mitgestalten?
  • Wie können Kooperationen zwischen Schule und Kulturschaffenden/Kulturpartnern gelingen?
    • Strukturelle Rahmenbedingungen und pädagogische Ziele in Schule
    • Strukturelle Rahmenbedingungen und pädagogische Ziele in Kultureinrichtungen
    • Anspruch und Ziele der Kulturschaffenden und Künstler
    • Wie können gemeinsame Bildungsziele und Entscheidungen ausgehandelt werden?
    • Wie können die unterschiedlichen Professionalitäten zusammenwirken?
    • Wie kann eine Kultur der Achtung und Wertschätzung initiiert und unterstützt werden?
  • Adäquate Qualitätskriterien/Prinzipien von kultureller Bildung in und mit Schule
    • Was ist Qualität in der kulturellen Bildung?
    • Wer bemisst die Qualität(en)?
    • Wie kann unter den Partnern ein gemeinsames Qualitätsverständnis entwickelt werden?
  • Potenziale/Mehrwert kultureller Bildung für die Schulpraxis
    • Welche Kompetenzen kann eine kulturelle Bildung fördern?
  • Gestaltung einer neuen Lernkultur mit kultureller Bildung
    • Wie können Schülerinnen und Schüler daran Partizipieren und diese mitgestalten?
    • Wie kann das Kollegium einbezogen werden?
    • Wie können Eltern mitwirken?
    • Wie kann auf möglichst vielen Ebenen hinein und aus der Schule heraus wirken und zu einer veränderten Lernkultur beitragen?
  • Öffnung der Schule nach innen
    • Welche Gremien sollten einbezogen werden?
    • Wie soll gelernt werden?
  • Öffnung der Schule nach außen in den Sozialraum/die Bildungslandschaft
    • Wie kann sich Schule gegenüber der Kulturschaffenden und -institutionen in der Region öffnen?
    • Welche regionalen außerschulischen Partner aus der kulturellen Bildung gibt es? Und welche wären für eine Zusammenarbeit geeignet?
  • Profilierung/Profilbildung der Schule mit kultureller Bildung und Impulse zu einer kulturellen Schulentwicklung
    • Wie kann kulturelle Bildung langfristig im Curriculum (zum Beispiel im Rahmen des Kulturfahrplans) der Schule verankert werden? Was ist ein Kulturfahrplan?
    • Welche Organisations-/Schulentwicklungsprozesse können dies flankieren? Und welche Akteure braucht es dafür?
    • Was ist der Mehrwert einer kulturellen Profilbildung der Schule in der Region?
  • Rolle der künstlerischen, musischen Fächer in Schule
    • Welchen Beitrag leisten sie bereits?
    • Wie können diese durch Angebote mit außerschulischen Partnern flankiert werden?
  • Kulturelle Bildung im fächerübergreifenden Unterricht
    • Wie kann im Mathematik-, Geschichts- oder Chemieunterricht und so weiter mit kultureller Bildung gearbeitet werden?
    • Wo bieten sich Kooperationen mit regionalen Kulturinstitutionen und Künstlern an?

 

Exemplarische Qualifizierungsmodule zur kulturellen und künstlerisch-ästhetischen Bildung

Die Öffnung der Schule wird als ein Prozess der Gestaltung von Schule zu einem Lebens- und Erlebnisraum verstanden, in dem Kreativität und Fantasie, das gleichberechtigte Miteinander gefordert und gefördert werden und Wissen ganzheitlich erlernt werden kann und soll. Zur Umsetzung ist es unabdingbar, praxisbezogenes Lernen in der Schule und auch an außerschulischen Lernorten zu ermöglichen und so viele Menschen wie möglich von diesem Ziel zu überzeugen. Bei der Fortbildung "Öffnung von Schule: Elemente und Impulse für kulturelle Bildung im Schulalltag" in NRW im Februar 2014 galt es daher, Ziele und Strategien der Schulen in Zusammenarbeit mit Kulturpartnern als Querschnittsaufgabe für die weitere Arbeit im Programm zu überprüfen, zu bestätigen und weiterzuentwickeln. Im Rahmen der Qualifizierung wurden verschiedene Aspekte betrachtet wie Schulen kulturelle Bildung im Querschnitt ihrer Handlungsbereiche verankern können. Neben konkreten künstlerischen Projekten gibt es verschiedene Aspekte, die zu einer Öffnung von Schule für kulturelle Bildung beitragen. Das Qualifizierungsmodul hat diesbezüglich unter anderem folgende Fragen erörtert: Wie können wir die Erfahrungen in künstlerischen Projekten sammeln und für zukünftige Projekte nutzen? Wie können wir am besten in multiprofessionellen Teams zusammenarbeiten? Wie können wir Veranstaltungen und Präsentationen für unsere Schule professionell gestalten?

Als externe Experten waren Ursula Jenni (Theaterpädagogin und Mediatorin), Erich Schriever (Kultur- und Medienpädagoge, Ansprechpartner für den Kompetenznachweis Kultur), Joseph Köhler (Bildungskünstler), Martina Peters (Journalistin) und Fatema Nawaz, (Kunsttherapeutin M. A., Studienrätin) eingeladen, die verschiedene Praxis-Erprobungs-Workshops, zum Teil im Tandem mit einer Kulturagentin, zu folgende Schwerpunktthemen durchführten:

  • Reflexion von künstlerischen Projekten: Es wurden grundsätzliche Fragestellungen zur Projektauswertung erarbeitet und Möglichkeiten der Ergebnisauswertung thematisiert. Exemplarisch wurden Auswertungsbögen aus dem Kulturagentenprogramm vorgestellt.
  • Teamentwicklung in multiprofessionellen Teams: Was braucht es, damit unterschiedliche Professionen (Kulturbeauftragte, Fachlehrer, Schulleitungsmitglieder, Künstler, Vertreter von Kulturinstitutionen) als ein Team agieren können?
  • Anerkennungskultur am Beispiel des Kompetenznachweis Kultur (KNK3): Chancen, Möglichkeiten und Perspektiven, die der KNK Schülerinnen und Schülern und schulischen Kunst- und Kulturprojekten bieten kann.
  • Dramaturgie einer Veranstaltung: Wie können wir künstlerische Ergebnisse qualitativ hochwertig und öffentlichkeitswirksam präsentieren? Welche dramaturgischen Bausteine machen einen Kulturabend an unserer Schule zu einer professionellen Veranstaltung?
  • Kreative Moderations-Methoden am Beispiel von Multigrafie: Der Fokus wurde auf die partizipative und transparente Entwicklung einer Projektidee mithilfe von Multigrafie gesetzt.
  • Schreibwerkstatt: Texte zu schreiben, gehört zum Schulalltag wie die pädagogische Arbeit. Konzepte, Anschläge am Schwarzen Brett, Flyer, Plakate, Pressetexte – immer wieder sind die Pädagoginnen und Pädagogen gefordert, in Worten gut zu formulieren, worum es geht. Individuelle Förderung und Inklusion in künstlerischen Projekten: Welche Chancen bietet die Verankerung von künstlerischen Projekten für die Inklusion, und wie kann individuelle Förderung gelingen?

 

Diese unterschiedlichen Schwerpunktthemen gaben anhand exemplarischer Beispiele Anregungen für die eigene Praxis der Kulturagentinnen und kulturbeauftragten Lehrerinnen und Lehrer, Hintergrundinformationen und Tipps zur Umsetzung und Methoden sowie etwas selbst auszuprobieren.

 

Beispiel Baden-Württemberg

Das Landesbüro Baden-Württemberg beispielsweise organisierte im Februar 2013 eine Zukunftswerkstatt. Dort wurde gemeinsam mit Prof. Dr. Olaf-Axel Burow von der Universität Kassel die Frage diskutiert: Wie sieht die Kulturschule aus, die wir uns wünschen, und wie können wir sie entwickeln? Diese gemeinsame Fortbildung der Kulturbeauftragten und Kulturagenten wurde durch den Referenten gestaltet. Dabei erhielten die Kulturbeauftragten unter anderem die Möglichkeit, Visionen für sich persönlich als auch für ihre Schule zu entwickeln.

Beispiel Hamburg

Auch das Hamburger Landesbüro bot im September 2013 eine Fortbildung zur Visionsentwicklung an. Schwerpunktthema der zweitägigen Fortbildung war die Frage, wie Kunst und Kultur Impulse für eine Schulentwicklung geben kann, die noch mehr Bildungschancen eröffnet. Mit unterschiedlichen Gruppenmethoden, wie Positionsbarometer, World-Café, Open Space oder Clustern, näherte man sich unter anderem den Fragestellungen "Was ist Kunst, was Kultur, was Kreativität, und was ist kulturelle Bildung?" und tauschte sich über Gelingensbedingungen auf den Ebenen "Inhalt", "Prozess" und "Struktur" aus. Die Qualifizierung bot den Hamburger Lehrerinnen, Kulturagentinnen und Kulturagenten einen besonderen Raum, verschiedene Aspekte der kulturellen Schulentwicklung konzentriert zu diskutieren und gemeinsame Perspektiven zu entwickeln.

Beispiel Thüringen

In Thüringen fand im November 2012 eine Qualifizierung zum Thema "Künstlerische Praxis und Projektentwicklung" statt. Eingeladen war die Künstlerin Susanne Stövhase, die einen Workshop zum individualisierten Lernen durch offene Prozesse und künstlerische Arbeiten gab. Darin wurden Erfahrungen und ästhetische Strategien aus der künstlerischen Praxis bei der Gestaltung von Lernsettings diskutiert und anhand eines konkreten Projekts Umsetzungsideen für die Schulpraxis entworfen.

Beispiel Berlin

Im September 2012 führte das Landesbüro Berlin ein Landesnetzwerktreffen für die Kulturagentinnen und Kulturagenten und die kulturbeauftragten Lehrerinnen und Lehrer durch. Thema war unter anderem das forschende Lernen im Kontext künstlerisch-ästhetischer Bildung in Schule und Unterricht. Als Referenten waren Prof. Christine Heil von der Kunsthochschule Mainz und Christina Leuschner von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung eingeladen. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden zunächst die Methode und der Ansatz der ästhetischen Forschung aus dem DKJS-Programm "Kultur.Forscher!" erläutert, das sie dann selbst praktisch ausprobieren konnten. Anschließend reflektierten sie über den Einsatz und die Wirkung dieser Methode innerhalb von Schule.

 

Fazit: Zusammenarbeit ist die Devise

Es hat sich sehr bewährt, in die Qualifizierungsmodule externe Expertinnen und Experten aus Theorie und Praxis (aus Schule und Kultur) einzubinden. Zum einen, damit die Kulturagentinnen und Kulturagenten sowie die Schulvertreter ein gemeinsames Verständnis von kultureller Bildung an ihrer Schule entwickeln konnten; zum anderen, um immer wieder neue Impulse aus Theorie und Praxis zu erhalten und an aktuelle Diskurse und Entwicklungen anzuknüpfen. Zudem regten die Expertinnen und Experten aus vielfältigen Professionen immer wieder Perspektivwechsel zwischen Kultur und Schule, den verschiedenen Künsten, Theorie und Praxis sowie zwischen den unterschiedlichen Positionen und Akteuren innerhalb und außerhalb von Schule an.

Die Erfahrungen aus vier Jahren Qualifizierungen zeigen zudem, dass es sinnvoll ist, mit einem Methodenmix zu arbeiten, der von Inputs und interaktiven über partizipative Formaten bis hin zu Theorie und Praxis reicht. Dazu gehören auch künstlerisch-ästhetische Vermittlungs- und Erfahrungsansätze in Zusammenarbeit mit Kunst- und Kulturschaffenden, bei denen die kulturbeauftragten Lehrerinnen und Lehrer eigene Erfahrungen im künstlerischen Arbeiten sammeln können.

Ein ganz wichtiger Schritt in den gemeinsamen regionalen Qualifizierungen der Kulturagentinnen und Kulturagenten und der kulturbeauftragten Lehrerinnen und Lehrer war es, die Akteure in den Schulen zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich über ihren professionellen Hintergrund hinaus theoretisch und praktisch im Bereich der kulturellen Bildung weiterzubilden und eigene künstlerische Erfahrungen zu machen. Denn nur das, was man selbst erfahren hat, kann man auch gegenüber den Schülerinnen und Schülern, Eltern, dem Kollegium und der Schulleitung vertreten.

Bewährt hat sich zudem, die Kulturagentinnen und Kulturagenten in die konzeptionelle Entwicklung von Qualifizierungen und Arbeitshilfen mit einzubeziehen und ihnen zunehmend mehr Mitverantwortung für deren Gestaltung zu geben. Darüber hinaus ist es sinnvoll, Vertreterinnen und Vertreter von Kulturinstitutionen sowie Kunstschaffende in die Qualifizierungen einzubeziehen, um einerseits deren Rollen und Ziele besser in den Blick nehmen und angemessen berücksichtigen zu können und um andererseits einen Öffnungsprozess der Kultureinrichtungen nicht nur für die Zusammenarbeit mit Schule, sondern auch für künstlerisch-ästhetische Bildung anzustoßen.

 

1 Vgl. www.kulturagenten-programm.de [30.07.2015]

2 Siehe www.kultur-macht-schule.de/kulturelle-schulentwicklung/glossar/qualitaetstableau-kulturelle-schulentwicklung.html [30.07.2015]

3 Der Kompetenznachweis Kultur ist ein von der BKJ entwickeltes bundesweit anerkanntes Zertifikat, der Jugendlichen ihre individuellen Stärken bescheinigt, die sie innerhalb eines kulturellen Projekts gezeigt, gemeinsam mit den (Kultur-)Pädagogen reflektiert und vertieft haben.