Ministerin Sylvia Löhrmann
Kulturelle Bildung als Querschnittsaufgabe verstehen
Ministerin Sylvia Löhrmann

Kulturelle Bildung als Querschnittsaufgabe verstehen

Grußwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen

Nach vier erfolgreichen Jahren endet am 31. Juli 2015 das Modellprogramm "Kulturagenten für kreative Schulen", an dem sich in Nordrhein-Westfalen 30 Schulen beteiligt haben. Initiiert und gefördert wurde das Programm der Forum K&B GmbH von der Kulturstiftung des Bundes, der Stiftung Mercator und dem Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW. Begleitet, beraten und vernetzt durch eine Kulturagentin haben in NRW je drei (Ganztags-) Schulen im Netzwerk daran gearbeitet, Kunst und Kultur zu festen Bestandteilen ihrer Schulprofile zu machen. Das von der Bundesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ) getragene Landesbüro begleitete und unterstützte Kulturagentinnen und Schulen während der Programmlaufzeit inhaltlich und organisatorisch.

Viele Schulen haben die Bedeutung und den Mehrwert kultureller Bildung erkannt und sich bereits aktiv auf den Weg gemacht, ein kulturelles Schulprofil zu entwickeln. Dabei wählen die Schulen unterschiedliche Zugänge, ausgehend von den regionalen und standortbezogenen Möglichkeiten und Besonderheiten. Ein Aspekt ist für die langfristige Verankerung besonders wichtig: Kulturelle Bildung in Schulen wird mehr und mehr als Querschnittsaufgabe verstanden, die Anknüpfungspunkte in allen Fächern bietet.

Im Sinne eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses müssen Bildung und Kultur zusammen gedacht werden. Ohne Kultur bleibt Bildung unvollständig. Kulturelle Bildung eröffnet neue, andere Sichtweisen. Sie ermöglicht Akzeptanz für das, was uns zunächst fremd erscheint. Die eigene künstlerisch-kreative Betätigung kann ungeahnte Stärken befördern, Überraschendes hervorbringen und das Selbstbewusstsein stärken. Kinder und Jugendliche, die eigene künstlerische Fähigkeiten entdecken und entwickeln, nehmen sich und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler mit ihren vielfältigen Talenten und Möglichkeiten wahr. Das Erleben dieser Vielfalt verbessert grundsätzlich und perspektivisch das Miteinander und die gegenseitige Wertschätzung.

Die individuellen Lernausgangslagen und Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen sind verschieden. Noch immer haben sie nicht gleichermaßen Zugang zu Angeboten kultureller Bildung. Durch das Programm können Schulen zu Türöffnern werden, die Begegnungen mit Kulturschaffenden ermöglichen, auch und gerade für die jungen Menschen, die unter schwierigen Bedingungen aufwachsen und weniger Möglichkeiten zu kultureller Teilhabe haben. Das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen" leistet einen wichtigen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit durch die Ermöglichung künstlerischer Erfahrungen für alle beteiligten Kinder und Jugendlichen.

Das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen" verändert Schulen. Die Zusammenarbeit mit Theatern, Museen, Tanzwerkstätten und den zahlreichen weiteren Kunst- und Kultureinrichtungen sorgt für nachhaltige Eindrücke und Begegnungen. Schulen öffnen sich, um Künstlerinnen und Künstler mit ihren Ideen und Inspirationen einzulassen, und sie machen sich auf den Weg, um andere Lernorte aufzusuchen, um "vor Ort" das Atelier, die Bühne, das Archiv zu entdecken und zu erfahren. Diese unmittelbaren Erfahrungen machen Veränderungsprozesse möglich, die zu einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen beitragen können.

Die Kulturagentinnen haben dabei eine zentrale Rolle. Als Vermittlerinnen und Unterstützerinnen haben sie Kooperationen ermöglicht und Prozesse initiiert. "Vermitteln" –das bedeutet auch, gemeinsame Ziele zu finden und Neues zu ermöglichen. Dabei ist es wichtig, dass Künstlerinnen und Künstler, Kultureinrichtungen und Schulen ein gemeinsames Bildungsverständnis entwickeln. An vielen Stellen sind Kooperationen entstanden, die langfristig tragfähig sind. Das Zusammenspiel mit Partnern unterstützt Veränderungen in Lern- und Lehrprozessen und sorgt für mehr Qualität.

Kulturagentinnen, Schulleitungen und kulturbeauftragte Lehrkräfte wirken zusammen als Katalysator kultureller Schulentwicklungsprozesse. So kann eine kulturelle Schulentwicklung zu einer gemeinsamen Aufgabe aller am Schulleben Beteiligten werden.

Der Abschluss der ersten Förderphase des Programms ist nicht nur mit einem Rückblick auf die erfolgreiche Arbeit verbunden.

Ich freue mich, dass das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen" bis 2019 weitergeführt werden kann. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist es wichtig, begonnene Prozesse langfristig zu verankern – und andere Schulen in NRW von den gewonnenen Erkenntnissen profitieren zu lassen. Zahlreiche Landesprogramme unterstützen Schulen in NRW bereits auf dem Weg zur Entwicklung kultureller Schulprofile. Durch die enge Zusammenarbeit mit anderen Initiativen, wie zum Beispiel dem Programm "Kreativpotenziale", das das Land NRW gemeinsam mit der Stiftung Mercator auf den Weg bringt, kann der Transfer der guten Ergebnisse befördert werden. Die Arbeitsstelle "Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit NRW" begleitet, berät und vernetzt Schulen und Jugendeinrichtungen in NRW. Die unterschiedlichen Maßnahmen tragen dazu bei, kulturelle Bildung in NRW systematisch in der Unterrichts- und Schulentwicklung zu verankern.

Veränderungsprozesse brauchen Zeit, Unterstützung und die engagierte Beteiligung vieler Akteure. Für das große Engagement der Mitwirkenden im Programm "Kulturagenten für kreative Schulen" bin ich sehr dankbar. Die Zusammenarbeit zwischen Stiftungen, Berliner Geschäftsstelle und Landesbüro, den Kulturagentinnen und Schulen, Kunstschaffenden und Kultureinrichtungen war vertrauensvoll und inspirierend. Der Austausch mit den anderen beteiligten Bundesländern ermöglichte einen "Blick über den Tellerrand", der regionale Unterschiede und Expertisen aufzeigte und für neue Impulse sorgte.

Wir werden die stärkere kommunale Verankerung und den Transfer der Ziele des Kulturagentenprogramms durch die kommunalen Anstellungsträgerschaften der Kulturagentinnen befördern. So können in den beteiligten Kommunen passgenaue Angebote entstehen, die Verknüpfungen mit regionalen Angeboten und die Einbettung in kommunale Bildungslandschaften ermöglichen. Die meisten der beteiligten Schulen werden im Programm verbleiben, einige neue kommen hinzu. Bewährtes kann erhalten und nachhaltig verankert, gleichermaßen können Weiterentwicklungen und frische Impulse initiiert werden.

Ich wünsche allen am Programm Beteiligten viele neue, inspirierende und kreative Erfahrungen!

 

Foto: Rainer Hoheisel/Forum K&B