4. Akademiemodul: Schulkultur und Lernprozesse - Wer lernt was, wie, wann, wo und zusammen mit wem?

4. Akademiemodul: Schulkultur und Lernprozesse - Wer lernt was, wie, wann, wo und zusammen mit wem?

5. bis 11. November 2012 in Erfurt

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Materialien zur Akademie

Akademieprogramm

Vorträge zum Schwerpunktthema

Andere Programme: Workshops

Joker: Angebote der Thüringer KulturagentInnen

Außerschulische Partner/Kooperationen

Projektebasar / Praxisbeispiel aus der künstlerischen Praxis

 

Die 4. Akademie war zu Gast in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. Hier nutzte sie mehrere Räume im Lehrgebäude des Fachbereichs Kunst der erziehungswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Erfurt, im benachbarten Augustinerkloster sowie in der Aula der Stadt.

Nachdem im 3. Akademiemodul Beteiligungsformen in der Kunst sowie die Rolle der Kunst in der Gesellschaft im Fokus standen, hat das 4. Akademiemodul Schulkultur und Lernprozesse in den Blick genommen. Die KulturagentInnen betreuten im Rahmen des Modellprogramms jeweils ein Netzwerk von drei Schulen. Um ihnen Impulse und Hilfestellungen für ihre Arbeit mit den Schulen zu geben, wurde das Lernen auf vielen Ebenen und von vielen Seiten beleuchtet. Neben Impulsreferaten und Projektvorstellungen zum Thema beschäftigten sich die KulturagentInnen eigenständig mit der Frage Wie geschieht Lernen?. Die Fortbildungswoche war so angelegt, dass sich das Schwerpunktthema in der Veranstaltungsstruktur abbildete. So gab es beispielsweise mehrere Räume, in denen individualisiertes Lernen stattfinden konnte: Ein Lernstudio wurde als temporäre Bibliothek eingerichtet und ein Reflexionsraum gestaltet; diese sowie ein Raum der Stille konnten die ganze Woche über genutzt werden.

Ein wichtiges Thema war das Lernen auf der Institutionsebene, bei dem es um Schule als lernende Organisation ging. Hier wurde gefragt: Wie lernt Schule? Wie finden Entwicklungs- und Veränderungsprozesse in Schule statt? Wie lernen die unterschiedlichen schulischen AkteurInnen? Was schafft eine gute Lernumgebung? Generell wurde gefragt: Wie verändert sich das Lernen in der heutigen Gesellschaft? Was sollte man heute überhaupt lernen und wer bestimmt das? Welche Rolle können künstlerische Prozesse in Lernprozessen spielen, und in welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Und schließlich ging es intensiv um die Frage, welche Rolle das Lernen hinsichtlich der eigenen Professionalisierung spielt: Wie lassen sich die KulturagentInnen auf Lernprozesse ein? Angelika Fabricius, Prozess- und Organisationsberaterin insbesondere in Bildungssettings, brachte die KulturagentInnen in einen gemeinsamen Prozess des Lernens, der es ermöglichen sollte, das eigene Lernen zu erfahren, anzuschauen und zu reflektieren. Sie gab kurze Inputs zu Schulkultur und Schulentwicklung und legte dabei Wert auf das Abbilden von Prozessen, wie sie sich im Feld Schule häufig darstellen. Erneut wurde der Focus auf die Rollenreflexion der KulturagentInnen und die Schärfung des Berufsbildes "KulturagentIn" gelegt, indem gefragt wurde, welche Rollen sie in Veränderungsprozessen einnehmen.

Der Journalist Reinhard Kahl hielt im Rahmen der Fortbildungswoche einen öffentlichen Vortrag zum Thema "Der Vorteil verschieden zu sein – Bildung nach der Industriegesellschaft". Darin zeichnete er die Umbruchphase der schulischen Bildung in den vergangenen Jahrzehnten nach und diskutierte Stichworte wie die "Individualisierung des Lernens" und die Idee von Schule als "Lebensort".

Einen weiteren Vortrag hielt Prof. Dr. Peter Fauser, derzeit Inhaber des Lehrstuhls für Schulpädagogik und Schulentwicklung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie Beiratsmitglied im Kulturagentenprogramm. Er sprach über "Lernen als Kunst – Schule als Kultur. Impulse für die Qualitätsentwicklung". Darin zeigte er verschiedene Stufen des Lernens auf und machte zugleich deutlich, welche Lernpotenziale in der ästhetischen Betrachtung von Schule liegen.

Zudem befassten sich die KulturagentInnen im Format "Andere Programme" mit Modellprogrammen und -projekten im Feld kultureller Bildungsprogramme mit Schulen. Tom Braun, Leiter des Landesbüros NRW leitete einen Workshop zum Thema "Die Kunst der Schule oder eine Schule der Kunst"? Kultur macht Schule – zur Lerngeschichte des Programms". Christina Leuschner von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und Christian Kammler von der Philipps-Universität Marburg informierten über das Programm "Kultur.Forscher! – Ästhetische Forschung in der Schule". Saskia Helbig und Wanda Wieczorek gaben als Leiterinnen des Programms Einblicke in "ÜBER LEBENSKUNST.Schule – Lernen für nachhaltige Entwicklung" und Sascha Willenbacher von der Zürcher Hochschule der Künste informierte über die Zusammenarbeit von KünstlerInnen und LehrerInnen im Modellprojekt "Jump & Run – Schule als System".

Im Format "Projektebasar/künstlerische Praxisbeispiele" wurden Konzepte vorgestellt und erprobt, die Schulkultur und Lernprozesse zum künstlerischen Untersuchungsgegenstand machen. So stellte Dr. Sibylle Peters vom Fundus-Theater Hamburg einige Forschungstheaterprojekte wie "Kinder testen Schule" oder "Die Spukversicherung" vor. Die Künstlerinnen Petra Kübert und Heidrun Schramm wiederum arbeiteten in ihrem Akademieworkshop zum Thema Schulgong. In ihren Projekten mit Schulen erforschten sie die klanglichen Möglichkeiten von Schulgebäuden und arbeiteten mit den SchülerInnen an neuen Designs für einen alternativen Schulgong. Mit den KulturagentInnen untersuchten sie die Klangwelt des Universitätsgebäudes und komponierten fragmentarische Klangcollagen.

KulturagentInnen in der Akademie
Fotos: Forum K&B

Um den KollegInnen aus den anderen vier Bundesländern den lokalen Kontext ihrer Arbeit näher zu bringen, hatten die Thüringer KulturagentInnen im Akademieformat "Joker" einen halben Akademietag konzipiert und organisiert: Die Kulturagentin Katrin Sengewald bereitete eine "Erinnerungstour" durch das Erfurter Andreasviertel vor, an der sie mehrere lokale ExpertInnen beteiligte. Die Kulturagentinnen Sybill Hecht und Sandra Werner informierten zusammen mit der Kulturvermittlerin Regina Seeboth über die Kulturvermittlungsansätze der Klassik Stiftung Weimar. Die Kulturagentin Dorothee Bucher fuhr ebenfalls mit einer Gruppe nach Weimar. Sie besuchten dort eine Führung durch die aktuelle Ausstellung der ACC Galerie und tauschten sich mit Frank Motz, dem Leiter der Galerie, über mögliche Vermittlungskonzepte in der Schule aus. Der Regionalentwickler Sören Kube und die Kulturagentin Kathleen Hahnemann leiteten schließlich einen Workshop, der sich insbesondere mit den Herausforderungen im ländlichen Raum und mit passenden Lernstrukturen sowie Kunst- bzw. Kulturvermittlungskonzepten befasste.

Die Künstlerinnen Petra Kübert und Heidrun Schramm bei der Präsentation der "Schulgong Compilation"
Foto: Forum K&B

Wie die Zusammenarbeit zwischen einer Schule in einer Großwohnsiedlung am Stadtrand und einem international erfolgreichen Orchester konkret aussehen kann, das stellten Albert Schmitt, Managing Director der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen und Beiratsmitglied des Modellprogramms "Kulturagenten für kreative Schulen", Lisa Unterberg, Leitung des Zukunftslabors, der Musiker Stephan Schrader sowie der Schulleiter der Gesamtschule Bremen-Ost, Franz Jentschke, vor. Seit 2008 bilden die Schule und das Orchester im Bremer Stadtteil Osterholz-Tenever eine "Wohngemeinschaft" und initiieren verschiedene Vermittlungsprojekte wie z.B. die Konzertabende "Melodie des Lebens" und die jährlich stattfindende Stadtteiloper, mit der sie die Arbeit in der Schule auf den Stadtteil ausweiten. Im Hinblick auf das Schwerpunktthema der Akademie: "Wer lernt was, wie, wann, wo und zusammen mit wem?" wurde die Zusammenarbeit der beiden ungleichen Partner vielperspektivisch beleuchtet und dargestellt, wie sich Schule und Kultureinrichtungen füreinander öffnen und gegenseitig befruchten können.

Constanze Eckert