Nadine Frensch
Alle Kunst für jeden!
Nadine Frensch

Alle Kunst für jeden!

Über den Abbau von kulturellen Schwellenängsten am Beispiel der Parkschule Essen

Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist, und hinterlasse eine Spur! (Jean Paul)

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Vorweg: Der Arbeitstitel dieses Beitrags lautete ursprünglich "Was sind die Gelingensbedingungen von kulturellen Projekten mit Schülerinnen und Schülern mit besonderen Bedürfnissen?". Anlass hierfür war meine Feststellung, dass kulturelle Projekte an Förderschulen besonders gut gelingen. Dies gilt nicht nur für die Parkschule Essen (Förderschule mit den Förderschwerpunkten Lernen und emotionale und soziale Entwicklung), sondern auch für andere Förderschulen, die ich in den letzten 15 Jahren innerhalb meiner kulturpädagogischen Tätigkeit kennenlernen konnte. Doch, liegt dies nur daran, dass Förderschulen nicht den gleichen strikten Bedingungen wie sogenannte Regelschulen unterworfen sind? Oder, dass hier ein besserer Betreuungsschlüssel existiert und scheinbar unproblematisch auf den Ausfall von Kernfächern verzichtet werden kann? Die Faktoren, die von allen Befragten immer wieder als entscheidend für das Gelingen kultureller Projekte genannt wurden und die sich sowohl in Projektverläufen als auch im Schulalltag zeigen, sind aber nach eingehender Betrachtung in keiner Weise förderschulspezifisch. Sie gelten generell für kulturelle Projekte in allen Schulzusammenhängen, und sie sind prinzipiell in allen Schulformen umsetzbar. Und deshalb geht es im Hinblick auf die erwähnten Gelingensbedingungen nicht mehr primär um Förderschülerinnen und -schüler, die einer besonderen Behandlung bedürfen, wie es der ursprüngliche Titel suggeriert. Vielmehr hat sich herausgestellt, dass der entscheidende Faktor der Abbau von Schwellenängsten ist. Und diese gilt es an allen Schulen zu überwinden, an denen man kulturelle Projekte mit Nachhaltigkeitsfaktor etablieren will.

Als Forschungsgegenstand dienen mir im folgenden Text die bisher im Rahmen des Kulturagentenprogramms durchgeführten Projekte an der Parkschule mit besonderem Fokus auf die Perspektiven der Schulleitung, des Kollegiums und der Schülerschaft (im Alter von 12 bis 17 Jahren). Mit diesen Gruppen habe ich entlang folgender Fragen Interviews geführt: Was hat sich bei der Planung und im Projektverlauf rückblickend als wichtig erwiesen? Was hat gut funktioniert, welche Schwierigkeiten ergaben sich und warum? Was müssen Künstlerinnen und Künstler und auch Kulturinstitutionen mitbringen, um Projekte an Förderschulen durchführen zu können? Welche Herausforderungen stellen sich? Hat sich die Atmosphäre an der Schule durch die kulturellen Projekte verbessert?

Kulturelle Bildung spürbar im Schulleben verankern

Vor Beginn des Kulturagentenprogramms fanden bereits vereinzelt kulturelle Projekte an der Parkschule statt. Die Erfahrungen von damals wurden im Einleitungstext zum Kulturfahrplan der Parkschule folgendermaßen beschrieben: "Vor dem Eintritt in die Projektarbeit war die Präsentation von Ergebnissen bedingt durch die individuellen Förderbedürfnisse und negativen Erlebnisse der Schülerschaft durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Die Schüler trauten sich eine Präsentation ihrer Ergebnisse nicht zu. Sie wirkten bei der Präsentation nicht stolz, sondern vielmehr schüchtern und peinlich berührt. Das Publikum hatte eine ausgesprochen kurze Konzentrationsspanne, die Ergebnisse der anderen wurden lächerlich gemacht, negativ bewertet. Präsentationen wurden nicht beachtet und wahrgenommen."

Hier ist ein gewaltiger Schritt gegangen worden: In den letzten drei Jahren ist es der Schule gelungen, kulturelle Bildung spürbar im Schulleben zu verankern und dies auch sichtbar nach außen zu tragen. Die anfänglich teilweise vorhandene Skepsis gegenüber künstlerischen Projekten ist sowohl in der Lehrer- als auch in der Schülerschaft einem gewachsenen Selbstvertrauen gewichen, und der Horizont hat sich auf beiden Seiten erweitert. Es gibt inzwischen zahlreiche Projekte innerhalb und außerhalb der Schule, die mit Kunstschaffenden und Kulturinstitutionen als Kulturpartnern stattfinden, nicht nur im Rahmen des Kulturagentenprogramms, sondern auch durch die Eigeninitiative des Kollegiums. Feste Bildungspartnerschaften sind entstanden, unter anderem mit dem Ruhr Museum und dem LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen.

"Children´s Choice Awards"

Die 'Children"s Choice Awards' sind eine Initiative der preisgekrönten kanadischen Forschungs- und Performancegruppe Mammalian Diving Reflex. Seit 1993 erobern sie in ihren Projekten für und mit jungen Menschen neue Räume für ästhetische Erfahrungen, Austausch und Experiment. Im Mittelpunkt ihrer künstlerischen Praxis steht die Idee von einem kompetenten Kind und einem egalitären Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen."1

Die Parkschule hat 2013 und 2014 als einzige Schule zwei Jahre in Folge bei den "Children´s Choice Awards" der Ruhrtriennale teilgenommen: Hier bilden Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 14 Jahren aus vier Schulen die offizielle Festivaljury und bewerten sechs Wochen lang das Programm der Ruhrtriennale in Bezug auf Tanz, Theater, Musik und Lesung. Sie erhalten die besten Plätze bei Premieren, laufen über einen roten Teppich ein und dürfen im Anschluss in exklusiven Gesprächen mit den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern Fragen stellen – auch die weniger angenehmen. In künstlerischen Workshops mit der kanadischen Performancegruppe Mammalian Diving Reflex wurden unter anderem folgende Kategorien für die abschließende Preisverleihung entwickelt:

  • Es war so gut, dass ich es allen erzählen musste.
  • Die Show war so romantisch, dass ich jemanden küssen wollte.
  • Die Show, nach der ich den Regisseur umbringen wollte.
  • Das grausamste Stück, das ich je sah.

Die Preise werden bei einer großen Galashow von den Schülerinnen und Schülern selbst verliehen, alle Nominierten sind selbstverständlich anwesend und nehmen die Preise entgegen. Das Projekt wird hier in dieser Ausführlichkeit beschrieben, weil die Teilnahme für die Parkschule einen entscheidenden Schritt im Hinblick auf die kulturelle Arbeit an der Schule darstellte.

Zunächst ist ein hoher organisatorischer Aufwand notwendig, den das Ruhrtriennale-Team übernimmt, der aber auch von der Schule zu leisten ist. Die Schülerinnen und Schüler sind unter der Woche bis zum späten Abend unterwegs, müssen abgeholt und nach Hause gebracht werden. Mit Fragen wie: Sind sie einem solchen Projekt inhaltlich gewachsen, oder überfordert sie das?, hielt sich die Parkschule glücklicherweise nicht lange auf, sondern probierte es aus und gab ihren Schülerinnen und Schülern eine Chance. Die beteiligten Lehrkräfte unterstützten das Vorhaben und erhielten seitens der Ruhrtriennale eine hervorragende pädagogische und künstlerische Unterstützung. Hier sind vor allem die künstlerischen Workshops zu erwähnen, die die Künstlerinnen von Mammalian Diving Reflex und die Mitarbeiterinnen der Ruhrtriennale im Vorfeld mit der Klasse in der Schule durchführten. Die Schülerinnen und Schüler wurden hier spielerisch und auf Augenhöhe auf ihre Projektteilnahme vorbereitet. Kultur wurde nicht als unnahbar, sondern als ein selbstverständlicher Teil des Lebens dargestellt, der insofern auch natürlich von jedem beurteilt werden kann und darf, unabhängig von Alter, Herkunft oder Vorkenntnissen. Auf diese Weise entstanden auch die beschriebenen Preiskategorien.

Enge Bindung an die Künstler

Von den Schülerinnen und Schülern wurde immer wieder die enge Bindung an die Künstlerinnen und Mitarbeiterinnen als prägend geschildert. Diese waren bei allen Workshops und Veranstaltungsbesuchen die unmittelbaren Bezugspartner, sie waren bei allen Fragen und Anliegen ansprechbar und auch für die Eltern immer erreichbar. Sie bauten bei den ersten noch ungewohnten Besuchen im Theater und bei den Künstlergesprächen Brücken, indem sie die Schüler immer wieder ermutigten, ihre Meinung offen zu sagen. Hier greift das künstlerisch-pädagogische Konzept, nicht an der Kompetenz der Schülerinnen und Schüler zu zweifeln: "Das Projekt 'The Children´s Choice Awards' im Rahmen der Programmreihe 'No Education' stellte jeden Abend dieselben Fragen: ,Wie hat Dir das Kunstwerk gefallen?" ,Was hast Du gesehen, gehört, gefühlt?" ,War es in Deinen Augen interessant oder weniger interessant?" In den Gesprächen mit den Künstlern und dem Publikum erlebten die Kinder, dass sie wichtig sind, dass sie ernst genommen werden und ihre Meinung zählt.

Gelingenskriterium: Viel Zeit und persönlicher Einsatz

Für die Etablierung solcher und ähnlicher Projekte ist viel Zeit und vor allem der persönliche Einsatz Einzelner erforderlich. Die Parkschule konnte jedoch bereits in den letzten drei Jahren viele ihrer Ziele in Hinblick auf die kulturelle Arbeit umsetzen. Die Grundlage hierfür bildet das klare Bekenntnis der Schulleitung zur Durchführung und Unterstützung von kulturellen Projekten. Seit dem Start des Kulturagentenprogramms ist kulturelle Bildung im Schulprogramm verankert und stellt einen festen Tagesordnungspunkt in allen Bereichen des schulischen Lebens wie Lehrerkonferenzen und Sitzungen des Fördervereins dar.

Die Kulturbeauftragten spielen hier die entscheidende Schlüsselrolle, sie geben erste Ideen und mögliche Projektkonzepte an das Kollegium weiter. In den Interviews haben Schulleitung und die Kulturbeauftragte immer wieder betont, wie wichtig es zum Start des Programms war, das komplette Kollegium auch jenseits der Kernfächerinteressen abzuholen und das kulturelle Vorhaben auf "breite Füße" zu stellen. Denn nur so konnte eine langfristige Akzeptanz für das Ziel der Implementierung von kultureller Bildung im Curriculum erreicht werden: Die Lehrerschaft ist eingebunden, und die Meinung des Einzelnen wird als wichtig erachtet, auch und gerade wenn sie kritisch ist.

Gelingenskriterium: Offenheit

Die Offenheit und Bereitschaft des Kollegiums, sich auf teilweise unbekanntes Terrain zu begeben und die Projekte mitzuerleben, ist sicherlich ein entscheidendes Gelingenskriterium. Bereits im zweiten Kulturagentenprojekt "Kulturelle Räume öffnen" war im Rahmen der fünftägigen Projektwoche die gesamte Schüler- und Lehrerschaft aktiv, sowohl bei der Durchführung als auch bei der Vor- und Nachbereitung. Projekte und Präsentation verliefen erfolgreich und erhielten durchgehend positive Resonanz. Dies trug natürlich zur allgemeinen Akzeptanz weiterer Projekte bei.

Allgemein wird innerhalb der Projekte bewusst auf eine Lehrer-Künstler-Kombination gesetzt, neben der Schülerschaft nehmen sowohl Lehrkräfte als auch Kunstschaffende und Vertreter von Kulturinstitutionen die Rolle der Lernenden ein. Durch diese Konstellation ergibt sich für alle Beteiligten ein Mehrwert. Nicht alle Kulturpartner haben ausreichend Erfahrung in der künstlerischen Arbeit mit Förderschulen. Durch die Lehrkräfte wird ihnen ein Prinzip der Parkschule vermittelt: Die individuelle Förderung und die besonderen Bedürfnisse des Einzelnen stehen im Vordergrund. Es gibt nicht "die Klasse" als homogene Masse, die ein festgelegtes Projektziel erreichen soll. Die besonderen Bedürfnisse des Einzelnen müssen berücksichtigt werden, im Fokus steht die prozessorientierte Arbeit, die die ergebnisorientierte Arbeit nicht ausschließt!

Ein hohes Maß an Flexibilität und Spontanität ist jedoch erforderlich: Vorab entwickelte künstlerische Konzepte und geplante Vorgehensweisen müssen möglicherweise verworfen und neu gedacht werden. Die beteiligten Lehrkräfte erfahren die Zusammenarbeit mit den Kulturpartnern als Bereicherung und erleben ihre Schülerschaft von einer anderen Seite: Die Lust auf neue Eindrücke ist spürbar und setzt Energien frei. Es werden individuelle Potenziale und künstlerische Methoden zur Vermittlung entdeckt, die auch später ihren Einsatz im Unterricht finden. Schulleitung und Kollegium bewerten dies insgesamt als entscheidenden Nachhaltigkeitsfaktor, der auch nach Abschluss der Projekte nutzbar ist.

Bildungspartnerschaft Ruhr Museum

An dieser Stelle werden auch die Bildungspartnerschaften mit Kulturinstitutionen wie dem Ruhr Museum genannt. Auf Anfrage der Parkschule wurde parallel zur Entwicklung des gemeinsamen Kulturagentenprojektes "Wilder Westen an der Ruhr" ein individueller Bildungspartnerschaftsvertrag entworfen, der sich an den Bedürfnissen der Schule orientiert. Diese Kooperation wurde im Mai 2014 offiziell besiegelt. Seitdem gibt es für Klassen der Parkschule besondere Workshopangebote und Führungen, beispielsweise zu Themen wie "Schwarzes Gold. Arbeit und Alltag mit der Kohle" und "Ruhrgebiet heute – Fotogenes Revier?". Auch künstlerische Lehrerworkshops sind in der Planung. Der im Rahmen des letzten Projekts angelegte Färbergarten wird von den Schülern betreut und stellt eine weitere Grundlage für zukünftige gemeinsame Projekte dar. Die Kooperation wird als große Bereicherung empfunden, zahlreiche Lehrkräfte haben seit Abschluss der Bildungspartnerschaft das Angebot bereits für ihre Klassen – auch außerhalb des Kulturagentenprogramms – genutzt. Dies war auch für die Schulleitung überraschend: "Die Partnerschaft hat das ,Rausgehen" aus dem Schulbereich zusätzlich kultiviert. Einen so schnellen und fulminanten Effekt haben wir in der kurzen Zeit nicht erwartet."

Künstler Marc Westermann mit Schülerin beim Holzsammeln, Projekt "Wilder Westen an der Ruhr"
Foto: Michael Voigt

Die Projekte wirken sich ebenfalls positiv auf das Sozialverhalten im Schulalltag aus. Ein maßgeblicher Aspekt, der auch im Kulturfahrplan festgelegt ist, ist die Vorbereitung auf das Leben nach der Schule, auch in beruflicher Hinsicht. Im Vordergrund stehen hier keine messbaren Leistungen; es ist auch nicht zu erwarten, dass Schülerinnen und Schüler im Anschluss an die Projekte beispielsweise einen Schauspielerberuf erlernen möchten. Relevant sind aber Verabredungen, die innerhalb der Projekte auf Grundlage der Vertrauensbasis zwischen Schülerschaft und Kunstschaffenden getroffen werden: So bittet der Actionpainting-Künstler einige Jugendliche, am nächsten Tag bereits eine Stunde früher zu erscheinen, um ihm beim Aufbau der Keilrahmen behilflich zu sein. Dies bedeutet unmittelbare Anerkennung und Vertrauen seitens einer Persönlichkeit, die außerhalb der Schule steht und die die Jugendlichen respektieren.

Schüler erklären Besucherinnen und Besuchern der Extraschicht die Herstellung von Naturfarben, Projekt "Wilder Westen an der Ruhr"
Foto: Michael Voigt
 

Verbesserungen des Schulklimas

Den Verbesserungen des Schulklimas durch kulturelle Projekte steht auch die Schülerschaft positiv gegenüber und bewertet sie als Bereicherung. Aus ihrer Sicht gab es in den letzten Jahren viel mehr Angebote der kulturellen Bildung als zuvor. Die Möglichkeit, verschiedene bisher unbekannte Kunstrichtungen kennenzulernen und dazugehörige Methoden auszuprobieren, wird immer wieder hervorgehoben. Dies war das grundlegende Konzept der ersten Projektwoche "Kulturelle Räume öffnen" im Jahr 2012. Die Schülerinnen und Schüler beschrieben oft, dass sie sich selbst überrascht hätten, weil sie mutig genug waren, ungewöhnliche Dinge auszuprobieren. Unter Actionpainting konnten sich die wenigsten etwas vorstellen: Farbe mit dem Pinsel auf eine Leinwand schleudern? Das soll Kunst sein, die irgendjemandem gefällt? Auch das Einstudieren von Choreografien oder das Erstellen von Skulpturen trauten sich laut Äußerung viele zu Beginn der ersten Projektwoche nicht zu. Überzeugen konnte an dieser Stelle der Spaß an neuen Herausforderungen in Verbindung mit den künstlerischen Resultaten.

Die Schülerinnen und Schüler haben sie sich als kreative Individuen mit bisher unbekannten Interessen und Fähigkeiten erlebt. Unterstützend wird hier die Zusammenarbeit mit externen Künstlerinnen und Künstlern empfunden, die sie als hilfsbereit und einfühlsam beschreiben. Ebenso wichtig scheint aber ein gutes und ausgeglichenes Verhältnis zwischen Kunstschaffenden und den betreuenden Lehrkräften zu sein. Neben dem eigentlichen Projektverlauf spielt auch die Präsentation am Ende des Projekts für die Schülerschaft eine entscheidende Rolle. Dies ist insofern bemerkenswert, weil zu Beginn des Kulturagentenprogramms das Präsentieren künstlerischer Resultate eher als negative Erfahrung beschrieben wurde. Ein im Kulturfahrplan gesetztes Hauptziel war deshalb auch das Schaffen einer Präsentationskultur, was hier erfolgreich umgesetzt wurde: Die Präsentation wird von der Schülerschaft trotz der anstrengenden Vorbereitung und der Aufregung als Bereicherung empfunden. Denn die Schülerinnen und Schüler erhalten unmittelbare Wertschätzung für ihre Leistungen und können gleichzeitig Einblicke in die Projekte der anderen nehmen und diesen mit Respekt und Interesse begegnen. Hinzu kommt die Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit: Eltern, Presse, Netzwerkschulen sind eingeladen. Ihr ehrliches Interesse und ihre Wertschätzung bedeuten den Schülerinnen und Schülern sehr viel.

Schülerführungen durchs Museum

Im Rahmen des Projekts "Wilder Westen an der Ruhr" in Kooperation mit dem Ruhr Museum führten die beteiligten Schülerinnen und Schüler ihre zahlreichen Gäste sogar eigens durch die von ihnen zusammengestellte Ausstellung und erläuterten den Entstehungsprozess der Kunstwerke. In den Gesprächen wurde deutlich, dass sie durch das kulturelle Arbeiten und Präsentieren eine deutliche Steigerung ihres Selbstbewusstseins erfahren. Sie sind sichtlich stolz auf das, was sie geleistet haben und erwähnen immer wieder, wie groß ihr Spaß dabei war. Alle wünschen sich weitere dauerhafte Projekte im künstlerischen Bereich, einige würden solche Angebote auch in ihrer Freizeit wahrnehmen. Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen der Projekte bereits Kulturinstitutionen als andere Lernorte erlebt haben, bewerten auch diese Erfahrung als positiv. Selbst Besuche von Aufführungen im Rahmen der Ruhrtriennale zu späten Uhrzeiten wurden als spannende Herausforderung und Abwechslung empfunden. Lediglich an die Zusammenarbeit mit den Klassen anderer Schulen müssten sie sich noch gewöhnen: "Da gibt es schon ab und zu mal blöde Kommentare, die gehen aber hier rein und da raus. Eigentlich ist das auch nicht anders als mit denen aus unserer Klasse." Das sei jedoch kein Grund für die Schülerinnen und Schüler, an Gemeinschaftsprojekten nicht mehr teilzunehmen.

Vorteil: Kleine Klassen

Erfahrungsgemäß sind künstlerische Projekte leichter in kleinen Klassen beziehungsweise Gruppen zu verwirklichen, wie sie in Förderschulen vorzufinden sind. Auch müssen hier nicht die gleichen Bedingungen in Hinblick auf Lehrplaninhalte und Prüfungen eingehalten werden. Unabhängig von diesen Vorzügen gilt aber für die Gelingensbedingungen: Es ist der Rückhalt seitens der Schulleitung notwendig, vor allem um eine Basis im Kollegium zu schaffen. Die Wichtigkeit kultureller Bildung wird durch die Schulleitung und die Kulturbeauftragten immer als Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler hervorgehoben. Sie ist ein fester Tagesordnungspunkt in Sitzungen und im Hinblick auf das öffentliche Profil. Kritische Nachfragen oder Einwände der Lehrer-, Eltern- und Schülerschaft sollten konstruktiv einbezogen werden. Überzeugen kann in erster Linie die erfolgreiche Durchführung von Projekten. Hier ergeben sich im Anschluss automatisch Anknüpfungspunkte für neue Ideen sowie eine Etablierung von kultureller Bildung als selbstverständlicher Aspekt im Schulalltag. Die Angst vor Präsentationen und öffentlichen Plattformen, der man oft begegnet, ist nachvollziehbar. Die Schülerinnen und Schüler benennen aber gerade diese Herausforderung rückblickend als prägend hinsichtlich der Wertschätzung sowohl ihrer eigenen Leistung als auch der ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. Neue Wege können aber vor allem durch Offenheit beschritten werden. Dies setzt auf jeden Fall eine Risikobereitschaft voraus, die aber auch mit positiven Überraschungen belohnt werden kann.

Auch für die Parkschule sind vier Jahre im Rahmen des Kulturagentenprogramms nicht ausreichend, um kulturelle Bildung nachhaltig zu verankern. Schulleitung und Kulturbeauftragte sind sich einig, dass sie noch viel bewegen wollen. Genannt wird hier immer wieder die lokale Anbindung im Stadtteil, auch die Elternarbeit ist wie an allen anderen Schulen ein großes Thema. Die beschriebenen Gelingensbedingungen für kulturelle Projekte wurden am Beispiel der Parkschule angeführt. Schlussendlich gelten sie für alle Schulen und Schulformen. Diese Grundlage legen vor allem die Beteiligten.