Minister Andreas Stoch
Nachhaltige kulturelle Bildung in der Bildungslandschaft Baden-Württembergs
Minister Andreas Stoch

Nachhaltige kulturelle Bildung in der Bildungslandschaft Baden-Württembergs

Grußwort des Ministers für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg

Baden-Württemberg wird sich aufgrund der wichtigen und wertvollen Erkenntnisse aus dem vierjährigen Modellprogramm "Kulturagenten für kreative Schulen" ab dem 1. August 2015 an einem Folgeprogramm beteiligen. Es wird eine Ausweitung und eine Verstetigung des Programms geben, um die Vernetzung von Schulen und Kulturschaffenden in Baden-Württemberg noch mehr zu fördern.

Damit kulturelle Bildung jungen Menschen und an den Schulen vermittelt werden kann, bedarf es zunächst einer wirksamen Absicherung in den Bildungsplänen, es müssen Fächer in den Kontingentstundentafeln ausgewiesen sein, und es muss Lehrerinnen und Lehrer geben, die in künstlerischen Fächern ausgebildet sind oder durch entsprechende Fortbildungen dafür qualifiziert wurden, das ästhetische Lernen zum Teil des eigenen Unterrichtsgeschehens zu machen. Kulturelle Bildung hat an den mehr als 4.700 baden-württembergischen Schulen in den entsprechenden Fächern, in Arbeitsgemeinschaften, im Betreuungsbereich und in außerunterrichtlichen schulischen Aktivitäten ihren festen Platz.

Im Zusammenwirken von Künstlerinnen und Künstlern, Kulturschaffenden und Kultureinrichtungen mit den Schulen erhält die kulturelle Bildung eine besondere Prägung. Kunst- und Kulturschaffende bringen das in anderen Bereichen ebenfalls so sehr nachgefragte "Expertenwissen" mit ein, sie ermöglichen Räume für Kreativität und inspirieren die Schülerinnen und Schüler zum ästhetischen Lernen.

Damit Kulturschaffende und Schulen zusammenkommen, bedarf es nach allgemeiner Auffassung einer geeigneten Moderation und einer nachhaltigen Prozessbegleitung. Kulturagentinnen und Kulturagenten wirken an der Schnittstelle von Schule und Kultureinrichtungen. Eine Erkenntnis aus dem Modellprogramm ist für uns, dass es für dieses "Schnittstellenmanagement" tatsächlich Bedarf gibt. Der Titel Kulturagentin beziehungsweise Kulturagent mag auf den ersten Blick befremdlich klingen, geheimdienstliche Tätigkeit ist nun wirklich nicht gefragt, sondern Offenheit, Transparenz, Verlässlichkeit. Aber wenn es darum geht, die Bedürfnisse von zwei großen Tätigkeitsfeldern und die Arbeit unterschiedlicher Berufsgruppen aufeinander abzustimmen, dann ist ein "Doppelagent" ein kluge Antwort.

Baden-Württemberg hat sich seit dem Schuljahr 2011/12 nunmehr vier Jahre in das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen" eingebracht. In acht Schulnetzwerken von Mannheim bis Konstanz am Bodensee haben acht Kulturagentinnen und Kulturagenten in ortsbezogenen Netzwerken gewirkt. Gemeinsam mit den Schulleitungen, den Lehrkräften, der Schülerschaft und den Kulturpartnern haben sie vielfältige Konzepte entwickelt, wie kulturelle Bildung nachhaltig im Leben und in der "Kultur" der jeweiligen Schule verankert werden kann. Hierzu sind folgende Erfahrungen festzuhalten:

Eine gemeinsame Sprache, eine offene Haltung und die viel beschworene Begegnung auf Augenhöhe sind Voraussetzung für eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Kultur und Schule und die Aufgabe aller Beteiligten. Die Kulturagentinnen und Kulturagenten haben hier als wichtige Vermittler zwischen den Systemen gewirkt.

Jede Schule und jede Kultureinrichtung haben ihren eigenen Charakter, daher gibt es keine allgemeingültigen Patentrezepte, wie die Zusammenarbeit positiv gestaltet werden kann. Vielmehr muss die Zusammenarbeit immer wieder neu ausgehandelt werden. Alle Schulen empfinden die Beteiligung von Partnern aus dem Kulturbetrieb als Bereicherung, wenn es zu einer echten Kooperation kommt. Die Authentizität der Persönlichkeit, die hohe künstlerische Könnerschaft und die Faszination, die von Künstlerinnen und Künstlern ausgeht, werden hier oft als besonders wichtig genannt. Die pädagogische Kompetenz von Kulturschaffenden ist wichtig. Wichtig ist aber auch die hohe künstlerische Qualität, die in die Kooperationen eingebracht wird. Die Kooperation von Schule und Kultureinrichtung kann von allein funktionieren, wenn engagierte Personen in beiden Bereichen dies vorantreiben. Gut ist aber, wenn sie von einem starken Umfeld in der Kommune, in der Verwaltung und im Kreis von Eltern und Förderern Unterstützung finden. Kooperationen benötigen Zeit, Raum und Geld. Doch an erster Stelle stehen Ideen und Konzepte. Der Ruf nach Ressourcen kann dann erfolgen. Für Fortbildungen, Beratung und Prozessbegleitung bedarf es kundiger Begleitung – auch dies wurde durch die Strukturen des Kulturagentenprogramms sichtbar.

Für die Fortsetzung des Programms "Kulturagenten für kreative Schulen" ab August 2015 werden wir deshalb weitere Wege beschreiten. Unerlässlich ist in einem Flächenland wie Baden-Württemberg mit sehr starken und eigenständigen Kommunen die Einbindung der Städte und Gemeinden in das Programm. Neben den beiden Stiftungen und dem Land Baden-Württemberg wird es künftig daher auch mit den Kommunen beteiligte Partner geben. Es hat sich gezeigt, dass die Kommunen als Träger von Schulen und von Kultureinrichtungen selbst ein großes Interesse an wirksamen Kooperationsnetzwerken haben. Dank der guten Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung (LKJ) in Baden-Württemberg wissen wir auch um die notwendige landesweite Unterstützung der örtlichen Netzwerke von Kultur und Schule. Wir werden deshalb bei der Fortsetzung des Programms "Kulturagenten für kreative Schulen" auf die bewährte Zusammenarbeit mit der LKJ und dem Landesbüro setzen.

Das Programm "Kulturagenten für kreative Schulen" steht in Baden-Württemberg nicht als einzige Maßnahme der kulturellen Bildung da. Bereits seit 1984 gibt es im Landeshaushalt ein eigenes Programm zur Förderung der musisch-kulturellen Erziehung an den Schulen, bei dem auch Kooperationen mit außerschulischen Partnern bezuschusst werden. Seit mehr als 15 Jahren gibt es zudem Fördermittel für die Kooperation von Schulen und Vereinen. Als Land mit vielen Tausend Vereinen beispielsweise der Amateurmusik ist die Beteiligung dieser örtlichen Kulturträger ein wichtiges Gut. Baden-Württemberg verfügt zudem über ein dichtes Netz von Musikschulen und über zahlreiche Jugendkunstschulen. Die Einbindung dieser Akteure in das neue Landeskonzept zum Ausbau der Ganztagsschulen ist uns ein großes Anliegen.

Für die erste Phase des Kulturagentenprogramms danken wir in besonderer Weise der Kulturstiftung des Bundes und der Stiftung Mercator für ihre wegweisende Initiative. Ganz besonders danken wir allen beteiligten Kulturagentinnen und Kulturagenten, insbesondere auch dem Landesbüro in Baden-Württemberg bei der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Programmträgers Forum K&B GmbH in Berlin.

Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!

 

Foto: Forum K&B