Viola Hilbing
Neue Impulse für die Schule
Viola Hilbing

Neue Impulse für die Schule

Ein Gespräch mit dem Kulturbeauftragten Markus Krötzsch der Geschwister-Scholl-Schule über die Rolle und Aufgaben als Kulturbeauftragter in Konstanz und die Zusammenarbeit mit den Kulturagenten

Bundesland

Baden-Württemberg

Anzahl Schülerinnen und Schüler

1500

Anzahl Lehrkräfte

125

Homepage

www.gss-kn.de

 

Viola Hilbing: Wie lange sind Sie schon Kulturbeauftragter an der Geschwister-Scholl-Schule und wie sind Sie zu diesem Amt gekommen?

Markus Krötzsch: Ich bin von Anfang an, also seit dem Schuljahr 2011/12, bis heute dabei. Für das Kulturagentenprogramm hat sich damals eine Kollegin engagiert. Ich bin dann von unserer Schulleitung angesprochen worden, die Kultur an unserer Schule zu vertreten und neue Konzepte und Ideen mit zu entwickeln.

Wie ist Ihre Tätigkeit in der Struktur Ihrer Schule verankert?

Wir sind in unserer Schule drei Kulturbeauftragte und gemeinsam mit unserem Kulturagenten immer schon ein Team gewesen. Wir treffen uns einmal in der Woche, besprechen alle wesentlichen Dinge, überlegen, wie es weitergehen soll und was zu tun ist. Immer wenn es um Gelenkstellen geht, beispielsweise bei der Erstellung von Verwendungsnachweisen, funktioniert das wie in einem Pingpongsystem: Wir teilen uns in verschiedene Zuständigkeiten auf und schauen uns gegenseitig immer wieder über die Schulter. Meine Aufgabe ist es, mich um formale Dinge zu kümmern, wie zum Beispiel notwendige Nachweise und Bilder einzusammeln oder sicherzustellen, dass die Terminplanung bei den Kolleginnen und Kollegen funktioniert. Den Bereich um die Finanzen und Kalkulationen wiederum hat eine andere Kollegin übernommen.

Wie sind Sie in die Rolle des Kulturbeauftragten hineingewachsen?

Zunächst habe ich mir das sehr kreativ vorgestellt, war aber relativ schnell ernüchtert. Denn es gehört doch auch eine Menge Bürokratie zu diesem Job. So ist zum Beispiel eine Kernaufgabe die Vermittlung zwischen dem Kulturagenten und dem Kollegium. Wir haben bei uns ein bestimmtes Format entwickelt: "Künstler zu Besuch", bei dem wir Künstlerinnen und Künstler an die Schule holen. Dafür müssen wir natürlich auf die Kolleginnen und Kollegen zugehen, ihren Bedarf ermitteln und ihnen das Ganze schmackhaft machen. Wir haben dafür beispielsweise Kulturcafés veranstaltet, bei denen die Kolleginnen und Kollegen auf uns zukamen und in kreativen und finanziellen Fragen unsere Unterstützung einholen konnten. Wir haben auch eine wichtige Rolle bei der Vermittlung und der Kontaktaufnahme von Künstlerinnen und Künstlern.

Welche Rolle übernehmen Sie im Kollegium, und hat sich ihre Funktion im Laufe des Programms verändert?

Zu Beginn war es meine Aufgabe, den Kulturagenten und die Schule aufeinander einzustimmen. Schule verläuft in einer bestimmten Struktur, im Unterschied dazu beinhaltet das Programm Dinge, die den Schulprozess "scheinbar" erst einmal gestört haben. Hier musste ich zunächst glätten und versuchen, beides in Übereinstimmung zu bringen, damit die Kolleginnen und Kollegen das Programm als Angebot wahrnehmen können und nicht als Zusatzarbeit. Hier war schon am Anfang die Gefahr sehr groß, dass Kulturagent und Kulturbeauftragte als die wahrgenommen werden, die Arbeit machen. Inzwischen ist die Rolle natürlich anders definiert. Jetzt sind wir diejenigen, die Angebote machen, die man wahrnehmen kann – wir sind also diejenigen, die für ein Plus im kulturellen Bereich sorgen.

Welche Aufgaben übernehmen Sie konkret?

Je nachdem, in welcher Phase wir uns bei einem Projekt befinden, geht es zum Beispiel darum, Öffentlichkeit herzustellen, die Presse zu informieren, Leute an einen Tisch zu bringen oder den Kontakt zwischen Kunstschaffenden und dem Kollegium herzustellen. Wir haben verschiedene Plattformen, auf denen wir an unserer Schule sehr präsent sind. Wir haben eine große Wandzeitung, in der wir immer wieder Aktuelles publizieren, in der wir Personen vorstellen und Strukturen verdeutlichen. Wir haben auch Monitore zur Verfügung, über die wir anhand von Fotos und Statements vergangene Projekte Revue passieren lassen. Hinzu kam auch die Evaluation verschiedener Projekte, die Erstellung von Evaluationsbögen und ihre Auswertungen, dann – in Absprache mit dem Kulturagenten – die Aufbereitung für unser Schuljahrbuch. Es gehört auch dazu, die Arbeit des Kulturagenten vorzustellen, den Kulturfahrplan zu veröffentlichen, über die Resonanz der Schülerinnen und Schüler zu berichten, dokumentarisch einzelne Projekte anhand von Fotos und Berichten des Kollegiums zu dokumentieren und an der richtigen Stelle im Jahrbuch zu platzieren.

Welche Fähigkeiten und Kompetenzen haben Ihnen dabei geholfen, Ihr Amt als Kulturbeauftragter auszufüllen?

Das Wichtigste war, zu versuchen, die Sache kreativ anzugehen ­– ich unterrichte eher kreative Fächer, insofern liegt das nah – und mir zunächst die Schere im Kopf zu verwehren. Es ging mir darum, erst einmal Ideen zu entwickeln und erst im zweiten Schritt darüber nachzudenken, welche Ideen verworfen und welche weiterverfolgt werden können.

Wie erleben Sie sich selbst in Ihrer Rolle?

Nach wie vor sehe ich mich als jemanden, der kreativ denkt, der überlegt, wie Kultur an unserer Schule verankert werden und wie wir uns als Kulturschule etablieren können. Wie ermöglichen wir möglichst vielen Schülerinnen und Schülern eine Bildung, die kreativ, gestalterisch, kunstgeschichtlich, -theoretisch, -praktisch ist, eine zweckfreie Bildung sozusagen, die nicht in erster Linie nach dem Nutzen fragt, sondern die Welten auftut, die für die Gestaltung des weiteren Lebens wertvolle Impulse geben wird?

Sie haben eingangs schon beschrieben, dass Sie von Anfang an Teil des Kulturagentenprogramms waren und Prozesse an Ihrer Schule mit eingeführt haben. Wie sieht heute die Zusammenarbeit mit Ihrem Kulturagenten aus?

Die Rolle des Kulturagenten hat sich natürlich auch verändert. Der Kulturagent kommt von außen und vertritt auch Positionen von außen, auf die man als Schule positiv zurückgreifen kann. Insofern ist es gut, dass der Kulturagent als Schnittstelle in diesem Programm Impulse setzt. Allerdings mussten wir auch dem Kulturagenten klarmachen, dass es Dinge an einer Schule gibt, um die man nicht drum herumkommt. Es gibt im Schulablauf auch Brüche, die dem Programm nicht guttun, die aber nicht zu verhindern sind. Wenn es Ferien gibt, dann ist das eine Unterbrechung des laufenden Schuljahrs, oder auch bei Prüfungen, Zeugnisausgaben und bestimmten schulischen Veranstaltungen, die in einem gewissen Rhythmus stattfinden und die Projekte im Kulturagentenprogramm immer wieder unterbrochen oder verzögert haben. Aber die Prozesse des Kulturagentenprogramms laufen ja weiter, ein Kulturagent arbeitet immer. Hier mussten wir voneinander lernen, einen Umgang finden und uns aufeinander zubewegen. Wir haben dabei stark von unserem Kulturagenten profitiert, und er hat sicherlich davon profitiert, dass wir als Lehrkräfte gewisse Erfahrungen haben. Nicht zuletzt auch im Umgang mit Mentalitäten im Kollegium.

Was waren denn konkrete Impulse, die der Kulturagent immer wieder an der Schule gesetzt hat?

Letztlich ging es darum, das Repertoire zu erweitern, das man als Lehrkraft hat. Lehrende vermitteln bestimmte Dinge, Expertinnen und Experten, die an die Schule geholt werden, können darüber weit hinausgehen. Der Kulturagent stellt beispielsweise Kontakte her, über die neue Wege verfolgt werden können, und nimmt uns organisatorisch viel ab. Als Lehrende haben wir dafür überhaupt keine Zeit, insofern hat der Kulturagent eine ganze Menge an Impulsen für unsere Schule eingebracht.

Welche Rahmenbedingungen muss es in der Schule geben, um die Aufgaben eines Kulturbeauftragten gut zu erfüllen?

Kultur an der Schule hat viele Ansprüche: Zunächst geht es darum, Raum zu haben, wirklich kreativ und zweckfrei denken zu können, um sich davon zu entfernen, was die Schule erwartet. Man braucht Zeit, um die Dinge und Ideen zu entwickeln, um von einer Idee zu einem Konzept und zu einem funktionierenden System zu gelangen. Es braucht natürlich auch Strukturen, um das Ganze zu finanzieren, um Künstlerinnen und Künstler einzuladen, Material zu kaufen, und vieles mehr. Wir müssen uns als Schule immer wieder neu positionieren und an verschiedenen Stellen Entwicklungen und Schwerpunktsetzungen diskutieren. Nichts ist statisch, wir sind immer wieder gefordert, müssen Dinge zur Disposition stellen, überdenken, bewerten, ob etwas funktioniert hat. Waren die Erfahrungen mit Künstlerinnen und Künstler positive, oder gab es eben auch negative? Dann muss man umdenken und ermitteln, woran das liegt: Sind die Strukturen falsch? Können bestimmte Leute nicht miteinander? Sind bestimmte Klassen für manche Vorhaben zu alt oder zu jung gewesen?

Wie sind die aktuellen Rahmenbedingungen, unter denen Sie als Kulturbeauftragter zurzeit wirken können?

Die Rahmenbedingungen funktionieren gut. Sie sind in den letzten Jahren gewachsen, seit es das Kulturagentenprogramm an unserer Schule gibt. Viele Dinge haben wir uns hart erarbeitet, auf die wir heute zurückgreifen können. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass, wenn man ein gut durchdachtes Konzept vorlegt und überzeugend vorträgt, sich die Kolleginnen und Kollegen mit großem Wohlwollen dahinterstellen. Ich bin fest davon überzeugt, dass jede Aktion, die an einer Schule stattfindet, nur mit Rückendeckung der Schulleitung stattfinden kann. Was das Kulturagentenprogramm betrifft, habe ich hier eher positive Erfahrungen gemacht. Und natürlich muss man immer wieder überlegen, in welche Bahnen man das, was gegenwärtig gut funktioniert, in Zukunft leitet.

Wie gestaltet sich Ihre Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen?

Ich würde sie in drei Bereiche einteilen: Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die sich immer wieder beteiligen, die immer wieder Künstler in ihren Unterricht hineinholen, die selbst mit Ideen auf uns zukommen, die sich inspirieren lassen von dem, was schon gelaufen ist. Dann gibt es Kolleginnen und Kollegen, die uns als Serviceleistung annehmen, die auf uns zurückkommen und sich jemanden an die Hand geben lassen. Das funktioniert gut, aber es bleibt der Eindruck, dass das für sie ein Service ist, der gerade so finanziert wurde, ohne dass weiteres Engagement dahintersteht. Das ist noch etwas schwierig, und ich würde mir wünschen, dass mehr Initiative und Rückmeldungen kommen. Und es gibt Kolleginnen und Kollegen, die sagen, das hat mit mir nichts zu tun. Wir sind eine sehr große Schule, natürlich können wir nicht alle erreichen.

Aber was und wie viel Sie erreicht haben, das ist ein Erfolg!

Die Frage, die wir uns als Kulturbeauftragte und Kulturagent immer stellen, ist: Für wen machen wir das? Was tun wir für die Schülerinnen und Schüler? Manche Projekte sind von der Begeisterung der Schülerschaft getragen worden, die sagte, wir haben was ganz Tolles gemacht, oder die auf die Lehrkräfte zugegangen ist und auch so etwas machen wollte. Mit einer großen gemeinsamen Aktion, "Zeichen setzen", haben wir einen Großteil unserer Schülerinnen und Schüler erreicht. Sie sind in kreative Prozesse eingestiegen und haben gemeinsam an einem Großprojekt gearbeitet, das über Wochen in unserem Schulhaus präsent war. Das war unser Ziel – viele Schülerinnen und Schüler mit kreativen Prozessen in Berührung zu bringen. Das ist uns wohl gelungen.

Das geht natürlich nicht ohne die Zusammenarbeit mit der Schulleitung, oder?

Die Zusammenarbeit funktioniert in der Regel so, dass wir bestimmte Strukturen andenken und dann die Schulleitung hinzubitten, um in einem größeren Rahmen zu beraten. Ich kann für unsere Schule sagen, dass wir freie Hand haben, das bedeutet, dass wir als Kulturagenten-Kulturbeauftragten-Team die Freiheiten besitzen, in alle Richtungen zu denken, bevor das Ganze institutionalisiert wird. Es geht nie ohne Rückendeckung der Schulleitung und natürlich auch nicht gegen sie. Sie hat gewisse Vorstellungen, wie das Kulturagentenprogramm an unserer Schule funktionieren sollte und bringt an bestimmten Stellen ihre Ideen ein. Dafür muss man immer wieder Zeiträume finden, in denen man gemeinsam über die Dinge berät, bevor sie im Kollegium vorgetragen werden. Bisher hat es aber wunderbar funktioniert, alles in Deckung zu bringen.

Was hat Ihnen Ihre Arbeit als Kulturbeauftragter erleichtert?

Für meine Arbeit bekomme ich eine Entlastungsstunde die im Stundenplan verankert ist und die meine Arbeit würdigt. Das ist wichtig, damit man immer wieder motiviert wird, die Arbeit als Kulturbeauftragter zu tun. Es ist vor allem der Kulturagent als Institution, der meine Arbeit erleichtert, in dem er Kontakte herstellt, Impulse und neue Ideen einbringt, die neue Kommunikationsebenen eröffnen. Ansonsten haben wir ja an unserer Schule verschiedene Möglichkeiten, uns öffentlich zu machen, das funktioniert sehr gut. Auch der Kollege, der die Homepage betreut, hat uns immer wieder ermöglicht, Öffentlichkeit herzustellen.

Welche vom Landesbüro Baden-Württemberg durchgeführten Fortbildungen waren besonders wertvoll für Sie?

Am hilfreichsten war der Vortrag mit Paul Collard, der mir mit seinen Ideen und seiner Präsentation aus der Seele gesprochen hat: dass kreative Prozesse an Schulen viel zu wenig angeregt werden, dass diese aber die spätere Lebenswirklichkeit abbilden – hat man ein Problem, dann sucht man nach Lösungswegen dafür. Er hat unheimlich Mut dafür gemacht, sich im kulturellen Bereich stärker zu engagieren. Er hat sinnvolle Belege dafür gebracht, warum und wie man das tun sollte.

Wenn Sie andere Lehrer weiterbilden würden, was würden Sie ihnen mitgeben?

Ich glaube, dass Lehrerinnen und Lehrer immer dann von Fortbildungen profitieren, wenn sie Dinge konkret erfahren, die sie vorher nicht wussten. Wenn es nicht nur bei der Theorie bleibt, sondern wenn sie praktische Beispiele, Handwerkszeug an die Hand bekommen, womit sie dann direkt loslegen können.

Würden Sie sagen, dass sich auch etwas in der Unterrichtsgestaltung oder in den Unterrichtsinhalten in Bezug auf kulturelle Bildung an Ihrer Schule verändert?

Sicherlich hat das Kulturagentenprogramm es geschafft, diesen Stundenrhythmus an der einen oder anderen Stelle zu durchbrechen. Wenn beispielsweise einen ganzen Tag oder eine halbe Woche lang ein Projekt veranstaltet wurde und Schülerinnen und Schüler aller Klassenstufen Feuer und Flamme waren, nicht mit dem Stundenklingeln aus dem Klassenraum gestürmt sind, sondern noch lange dabeigeblieben sind, sich eingebracht und viel von ihrer Freizeit investiert haben. Dabei sind die üblichen Schulstrukturen durchbrochen und erweitert worden, und Kolleginnen und Kollegen und Schülerinnen und Schüler haben großes Engagement – weit über das sonst übliche Maß des Schulalltags – geleistet.

Wie hat sich Ihre Arbeit durch die Zusammenarbeit mit Künstlern und Kulturinstitutionen ganz konkret verändert?

Ich habe mehr Mut bekommen, mich selbst infrage zu stellen und zu sagen, in diesem oder jenem Bereich, da hole ich mir einen Experten, der Dinge ganz anders macht. Denn es macht sicherlich einen Unterschied, ob ein Street-Art-Künstler, der zehn Jahre jünger ist als ich und ein Basecap trägt, Schülerinnen und Schülern die Street-Art nahebringt. Es ist ein Unterschied, ob er die Dinge präsentiert, die er jeden Tag macht oder ob ich sie in der Theorie präsentiere und versuche, sie in der Praxis mit ihnen umzusetzen. Es ist immer gut, wenn jemand einen Impuls in die Klasse hineinbringt, der keinen pädagogischen Hintergrund hat, sondern so redet, wie ihm der Mund gewachsen ist. Und die Schülerschaft ist durchaus in der Lage, zu differenzieren, ob eine Lehrkraft diesen Unterricht gestaltet oder jemand von außen. Und es ist klar, dass jemand von außen die Dinge in andere Bahnen leitet, neue Impulse setzt und sicherlich auch für Momente sorgt, die als besonders spannend wahrgenommen werden. Das sollte man Schülerinnen und Schülern viel öfter gönnen: dass sie Freude daran haben, ein Projekt mitzugestalten.

Nehmen Sie selbst ebenfalls Impulse für Ihre Arbeit von den Künstlerinnen und Künstlern mit?

Ja, natürlich nehme ich einiges mit: Ich schaue mir Techniken, Lösungsstrukturen oder die Art und Weise eines Zugangs zu einem Thema an und übernehme davon einiges. Manchmal ist es auch so, dass ich Künstlerinnen und Künstler begleite und gedacht habe, das hätte ich ganz anders gemacht, aber auch so ist es gelungen. Sie zeigen oft, dass auch andere Wege möglich sind, über die man Schülerinnen und Schüler anders erreicht.

Wenn Sie jetzt an eine neue Schule kommen würden und dort ein kulturelles Schulprofil mitentwickeln sollten: Was würden Sie als Erstes tun?

Wenn man kreative Prozesse an Schule mitgestalten und anstoßen möchte, sollte man erst einmal genau hinschauen, was es bereits gibt, und überprüfen, wie sinnvoll das ist, und dann abgleichen, was es nicht gibt. Daran anknüpfend kann man einen vernünftigen Weg finden, das Vorhandene zu multiplizieren, mitzugestalten und weiterzuentwickeln, und neue Dinge einbringen. Man sollte sich auch das Verhältnis ansehen, in welchem die Schule zu anderen Schulen steht, und fragen: Welches ist ihr Umfeld, welche Möglichkeiten gibt es, die genutzt werden können. Befinde ich mich in einer Stadt mit Museen und Galerien, stehen Kunstschaffende zur Verfügung, gibt es potenzielle Förderer? Wohin kann man sich wenden, wie kann man Leute begeistern?

Wie sähe Ihre Wunschschule im Hinblick auf die Verankerung kultureller Bildung aus?

Ich kann mir jetzt sehr gut vorstellen, dass Schulen, die sich bewusst als Kulturschule definieren, auch in unterschiedlichen Fächern neue Zugänge etablieren können. Auch im Mathe- oder Biologieunterricht können neue Formen gefunden werden, denen kreative Prozesse als Anstoß dienen. Man kann Inhalte, die man ohnehin vermitteln würde, anders präsentieren oder einen anderen Einstieg zu den Inhalten finden.

Sie plädieren also für eine starke Verzahnung von kultureller Bildung mit Unterricht.

Ja, man sollte sich bewusstmachen, dass gerade kreative Prozesse Kinder und Jugendliche dazu führen, sich auch bei rationalen Dingen oder allgemeinen Lebensfragen dieser gestalterischen kreativen Bildung zu bedienen, um Lösungswege zu finden – auch wenn das nicht immer eins zu eins nachweisbar ist. Wenn ich einmal ein Problem kreativ gelöst und gesehen habe, dass andere zu anderen kreativen Lösungen gefunden haben, dann steigt sicherlich der Mut und die Risikobereitschaft, unterschiedliche Wege einzuschlagen – manche wählen den kurzen Weg, andere nehmen Umwege und kommen auch ans Ziel.

Welche Bedeutung sollte der Kulturbeauftragte für die Entwicklung eines kulturellen Schulprofils haben?

Er sollte Freiräume und die Möglichkeit haben, immer wieder kreative Prozesse anzudenken. Aber, man muss auch aufpassen, dass ein Kulturbeauftragter nicht eine exotische Stellung oder ein Nischendasein innerhalb einer Schule bekommt, sondern dass er in Prozesse eingebunden wird und Rückmeldungen der Kollegen erhält, um auf ihre Wünsche und Bedürfnisse einzugehen. Gleichzeitig sollt es die Stelle aber auch ermöglichen, dass er dem Kollegium Impulse gibt und es von ihm profitieren kann.

Wie könnte kulturelle Bildung an Ihrer Schule noch stärker verankert und sichtbarer werden?

Unsere Schule ist im musikalischen Bereich sehr gut aufgestellt, und auch bildkünstlerisch entsteht viel. Aber die Art und Weise der Präsentation ist noch ausbaufähig, da gibt es noch mehr Potenzial. Die Schulleitung denkt über die Schulhausgestaltung nach, über Möglichkeiten, die bildkünstlerischen Ergebnisse, die kreativen Ergebnisse von Schülerinnen und Schülern verstärkt präsentieren zu können. Dafür können wir uns Methoden und Formate überlegen: Vernissagen oder regelmäßig wiederkehrende Aktionen und vieles mehr. Wir haben noch Luft nach oben, damit die Schülerinnen und Schüler merken, dass das, was sie kreativ geleistet haben, einen Mehrwert hat, der sich zu präsentieren und zu bewahren lohnt. Ich wünsche mir, dass wir Möglichkeiten finden, lange über die Dinge zu diskutieren, damit sie lange nachklingen können.

Vielen Dank für das Gespräch!