Ralf Eger
Theater: Klasse!
Ralf Eger

Theater: Klasse!

Eine gelungene Schulkooperation mit dem Theater Baden-Baden

Kurzbeschreibung

Im Rahmen der auf fünf Jahre angelegten Kooperation werden regelmäßig zwei Projektbestandteile durchgeführt: 1.) Alle Klassen Jg. 5 bis 9 der Kooperationsschulen gehen jedes Schuljahr in eine Theateraufführung und machen ergänzend jährlich einen 4 bis 6 stündigen Theaterworkshop, bei dem sie in praktischer Arbeit Aspekte des Theaters kennenlernen. 2.) Jährlich wird ein Theaterprojekt, das die Schülerschaft selbst entwickelt, mit wöchentlichen Proben und Endprobenwoche und professioneller Aufführung durchgeführt.

Bundesland

Baden-Württemberg

Ort

Baden-Baden

Beteiligte Klassenstufen

5 bis 9

Thema

Theater

Sparten

Theater

Format

Im Unterricht, Arbeitsgemeinschaft, Projekttage, Projektwoche

Beteiligte Schülerinnen und Schüler

Jährlich 600

Projektdauer

5 Jahre, Start 2012/13

Durchführungsorte

In der Schule
im Museum und in der Stadt

Beteiligte Lehrkräfte

Jährlich ca. 25
im Theater-Spielprojekt je 7
10

Entstehung

An der Realschule Baden-Baden gibt es schon seit vielen Jahren eine Theater-AG, die der Kulturbeauftragte leitet. Daher bestand großes Interesse, im Rahmen des Kulturagentenprogramms eine Kooperation mit dem Theater Baden-Baden einzugehen, um die vorhandenen Aktivitäten auszubauen. Das Theater hatte zu dieser Zeit das Angebot "Fit fürs Abi in 5 Tagen", das sich explizit an die Gymnasien der Stadt richtete. Ein spezifisches Angebot für die Schulformen im Kulturagentenprogramm – Werkrealschule und Realschule – gab es bisher nicht. Dies war die Ausgangssituation für die Idee, mit dem Theater Baden-Baden, der Realschule Baden-Baden, der Theodor-Heuss-Schule und der Werkrealschule Lichtental eine Kooperation aufzubauen und ein eigenes Konzept zu entwickeln. Nach ersten Vorbesprechungen der drei Schulen mit dem Theater ging es zu Beginn des Schuljahres 2012/13 in die konkrete Planung.

Das Konzept der Kooperation lässt sich wie folgt beschreiben: Theater erleben, Theater spielen und Theater vermitteln. Das Ziel ist die Teilhabe an Kunst und Kultur, sowohl an deren Ausführung als auch an der Rezeption. Alle Klassen der beteiligten Schulen – jährlich werden fast 600 Schülerinnen und Schüler erreicht – sollen in ihrer gesamten Schulzeit (Klassen 5 bis 9) einmal pro Jahr ins Theater Baden-Baden gehen, um ein altersgerechtes Theaterstück anzuschauen. Die Theaterbesuche werden durch jahrgangsbezogene Workshops für alle Klassen ergänzt, die Theaterpädagoginnen und -pädagogen beziehungsweise Schauspielerinnen und Schauspieler durchführen. Über diese fünf Jahre können die Kinder und Jugendlichen ihr kreatives Potenzial entdecken und die Faszination des Theaters erleben. Wünschenswert wäre, dass sie dabei Kompetenzen erwerben, die sie auch im späteren Leben nutzen können: Fantasie, Kreativität, Empathie und soziale Kompetenzen.

Die zweite Komponente der Kooperation ist ein jährliches Theaterprojekt mit den drei Schulen. Den Auftakt bildete das "Museumsprojekt", das in der Ausstellung "Baden im Applaus – 150 Jahre Theater Baden-Baden" des Stadtmuseums aufgeführt wurde. Es war der Kick-off für weitere Projekte und die langfristige Zusammenarbeit zwischen den Schulen und dem Theater, aber auch der Schulen untereinander.

Schon zum Projektstart wurde zwischen den Schulen und dem Theater eine Kooperationsvereinbarung über fünf Jahre geschlossen. Das ist bemerkenswert, da das Kulturagentenprogramm nur bis 2015 an den Schulen läuft und man sich daher schon zu Projektbeginn zu einer langfristigen Zusammenarbeit bekannt hat. Damit die Kooperation von Anfang an in der Stadt sichtbar wird, wurde zu Beginn eine Pressekonferenz mit den Kulturbeauftragten der beteiligten Schulen, der Theaterpädagogin und der Intendantin des Theaters durchgeführt. Eingeladen war auch der stellvertretende Bürgermeister, der unter anderem auch für die Schulen zuständig ist. Er hat seine Freude und seinen Stolz zum Ausdruck gebracht, dass in Baden-Baden ein solches Projekt stattfinden kann. Aus meiner Sicht geht es bei der Pressearbeit nicht vordergründig nur um Publicity fürs Theater oder für die Schulen, sondern vor allem darum, dass die Politik ein deutliches Zeichen nach außen sendet, dass sie hinter dem Projekt steht. Daran knüpft sich auch die Hoffnung, dass die Kooperation nach Auslaufen der Förderung durch das Kulturagentenprogramm im Juni 2015 so etabliert, bekannt und beliebt ist, dass neue Förderer gefunden werden oder eine städtische Finanzierung erreicht wird.

"Theater:Klasse!"

Die Theaterpädagogin des Hauses, der Regisseur des Theaterprojekts und die Kulturbeauftragen der Realschule Baden-Baden, Theodor-Heuss-Schule Baden-Baden und der Werkrealschule Lichtental, Baden-Baden, vereinbarten eine enge Zusammenarbeit, um die Kooperation inhaltlich zu gestalten und an den Schulen umsetzen zu können. Insgesamt sollten jährlich circa 600 Schülerinnen und Schüler eine Theatervorstellung besuchen und an einem eintägigen Workshop teilnehmen. Gemeinsam mit dem Kulturagenten wurden zunächst folgende Fragen geklärt: Welche Stücke sind für die jeweiligen Klassenstufen geeignet? Welche Workshops müssen für die Klassenstufen angeboten/entwickelt werden, damit wir die verschiedenen Aspekte von Theater über fünf Jahre vermitteln können? Welche Vor-/Nachbereitung der Aufführung soll es geben, und wer führt diese durch? Wie können Theaterbesuch und Workshops in den Schulalltag integriert und organisiert werden? Welche Verbindungen zum Curriculum und zu den Fachinhalten lassen sich herstellen?

Für das Schuljahr 2012/13 sah der gemeinsame "Fahrplan" wie folgt aus:

  1. Klasse: Führung hinter den Kulissen des Theaters und Aufführungsbesuch eines Kinderstückes. Erste Begegnung mit der Welt des Theaters und erstes Theatererlebnis. Workshop zum Einblick in die Arbeit einer Schauspielerin/eines Schauspielers. Theaterstück: "Der Räuber Hotzenplotz" von Otfried Preußler
  2. Klasse: In zwei Projekttagen erfahren die Schülerinnen und Schüler, wie es ist, selbst Theater zu spielen. Im Zentrum steht hier: zusammen spielen, (sich trauen und zuhören), sich im Raum bewegen, sprachliche Mittel ausprobieren. Theaterstück: "Pepe will"s wissen" von Reihaneh Youzbashi Dizaji
  3. Klasse: Bei einem Workshop zu theatralischen Mitteln erproben die Schülerinnen und Schüler die unterschiedlichen Spielweisen und lernen den Einfluss des Bühnenbilds, des Lichts und der Requisite auf die Charaktere des Stücks kennen. Theaterstück: "Lilis Leben eben" von Valérie Dayre
  4. Klasse: Hier findet ein Workshop zu Jugendthemen wie erste Liebe, Gerechtigkeit, Gewalt, Mobbing statt. Mit den ersten Erfahrungen der Jugendlichen entstehen daraus Szenen. Theaterstück: "Viel Lärm um nichts" von William Shakespeare
  5. Klasse: Bei einem Workshop zur Verbindung von Theater und Alltagssituationen wird der Frage nachgegangen, wie die Erlebnisse im Theater für das weitere Leben genutzt werden können. Theaterstück: "Die Leiden des jungen Werther" von Johann Wolfgang von Goethe

Theater:Klasse! Workshop Werkrealschule Lichtental, Klassenzimmer
Foto: Virginie Busquet/Theater Baden-Baden

Theater:Klasse! Workshop Realschule Baden-Baden, Aula
Foto: Virginie Busquet/Theater Baden-Baden

Da alle Klassen der beteiligten Schulen involviert waren, wurde "Theater:Klasse!" in jeder Schule auf einer Gesamtlehrerkonferenz vorgestellt und beschlossen. Die Theaterpädagogin koordiniert, unterstützt von der Kulturbeauftragten, die Termine mit den einzelnen Klassen. Neben ihr führen vier weitere Dozentinnen und Dozenten die Workshops für je eine Jahrgangsstufe durch. Die Kulturbeauftragten stimmen die Aktivitäten und die Räume für die Workshops in den Schulen ab. Alle drei Schulen haben das Projekt "Theater:Klasse!" nun in ihren Kulturfahrplan, den sie im Rahmen des Kulturagentenprogramms mit ihrem Kulturagenten entwickelt haben, aufgenommen, um es fest zu verankern.

Am Ende eines jeden Schuljahres findet ein Auswertungstreffen mit der Theaterpädagogin, dem Kulturagenten und den Kulturbeauftragen der Schulen statt. Nach dem ersten Jahr standen vor allem organisatorische Themen im Vordergrund. Die notwendige Kommunikation war ungewohnt und lief nicht immer rund. Manchmal kollidierten feste Vorstellungstermine mit Prüfungen oder schulischen Aktivitäten, die nicht verlegt werden konnten. Als Schnittstelle zwischen den beiden Systemen war der Kulturagent dabei die zentrale Funktion, um zu vermitteln und Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit die geplanten Aktivitäten reibungslos ablaufen konnten. Die Moderation durch den Kulturagenten stellt sicher, dass sich die Partner auf die jeweiligen Anforderungen des anderen Systems einstellen und so lernen, was das Gegenüber braucht. Im zweiten Jahr war das Projekt viel besser etabliert und die Abläufe auch in den Schulen mit den vielen Beteiligten besser bekannt. Das Projekt stellte der Kulturagent erneut in der Gesamtlehrerkonferenz vor, um ein Bewusstsein zu schaffen, dass "Theater:Klasse!" zum Schulalltag dazugehört. Das vereinfachte die gemeinsame Organisation erheblich und ermöglichte den Beteiligten, die Auswertung des Projekts verstärkt inhaltlich auszurichten. Der Kulturagent entwickelte einen Fragebogen, um die Schülerschaft zu den Aufführungsbesuchen und Workshops zu befragen. Er sorgte durch Auswertungsgespräche und regelmäßige Reflexion innerhalb des Projektes dafür, dass es sich in seiner Qualität beständig weiterentwickelte. Im dritten Durchlauf hat sich das Projekt im positiven Sinne ganz selbstverständlich entwickelt. Die Vorgänge sind klar, und auch für die Schülerschaft gehören der jährliche Theaterbesuch und die Workshops fest ins Programm. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters sprechen mittlerweile von "unseren Schulen", wenn diese zu Führungen hinter die Bühne kommen.

Theaterprojekt

Parallel zu den Aufführungsbesuchen und Workshops wurde bisher in jedem Jahr der Kooperation ein Theaterprojekt erarbeitet. Dafür entwickelten einige Schülerinnen und Schüler aus allen drei Schulen gemeinsam mit einem Theaterpädagogen und dem Regisseur über einen längeren Zeitraum ein eigenes Theaterstück. Dieses wurde mit Unterstützung des Theaters öffentlich aufgeführt. Über drei Jahre betrachtet, lässt sich die Entwicklung der Kooperation sowie die Implementierung des Projekts auf beiden Seiten folgendermaßen beschreiben: Auf Schulseite startete man im ersten Jahr mit einer kleinen Gruppe im Nachmittagsbereich und hat das Projekt im dritten Jahr fest in einer Klasse in den Vormittagsunterricht und das Fach Deutsch integriert. Während die erste Aufführung noch im Stadtmuseum stattfand, ist nun der Spielort die große Bühne des Theaters mit all seinen Möglichkeiten. Und die Premiere ist ein Event für die beteiligten Schulen mit zahlreichen Zuschauern geworden.

Museumsprojekt

Ausgehend von der bestehenden Theater-AG der Realschule wurden anlässlich des 150. Jubiläums des Theaters Baden-Baden zunächst Schülerinnen und Schüler für eine Projektgruppe der beiden anderen Schulen gesucht. Da das Thema "Theater" dort neu war, besuchte der Regisseur alle 6. bis 8. Klassen der drei Schulen und warb für das Projekt. Es fanden sich 35 Schülerinnen und Schüler, die über vier Monate freiwillig im Nachmittagsbereich mit dem Regisseur arbeiteten und von den Kulturbeauftragten der Schulen betreut wurden. Durch das Jubiläum war das Oberthema gesetzt – es sollte ein Stück über das Theater entstehen, das dann im Stadtmuseum aufgeführt werden sollte. Um sich dem Thema zu nähern, haben die Schülergruppen der drei Schulen jeweils einen kleinen Theaterbetrieb gegründet und besetzten die wichtigsten Posten wie Intendanz, Schauspielerinnen/Schauspieler und so weiter selbst. So wollten sie Theaterberufe untersuchen. Bei der Inszenierung eines Stücks im "Theater" durchschritten sie dabei die klassischen Konflikte des Theaters. Regie und Technik geraten während einer Probe aneinander, oder es gibt Spannungen zwischen dem Autor, dem Regisseur und der Leitung. Mit dieser Erfahrung besuchten die Gruppen anschließend das echte Theater in Baden-Baden mit all seinen Gewerken. Der Abgleich mit der Realität hat viel bewirkt. Rebecca (7. Klasse) resümierte: "Nach der ersten Probe mit allen dachte ich, das geht in die Hose. Aber als wir in den Gruppen einzelne Theaterrollen gespielt und das Theater besichtigt haben – kam der Umschwung."

Natürlich sollten die Teilnehmenden ihre eigenen Ideen umsetzen, so fiel ihre Wahl auf die Themen "Cowboys" und "Western": Sie wollten den Theaterbetrieb mit einem Westernsaloon vergleichen. Das Stück wurde unter dem Titel "Sein oder Schein – Ein Western-Steak mit einem Hauch Theater" im Stadtmuseum aufgeführt. Das Bühnenbild hatte das Theater erstellt und aufgebaut, und zur Premiere begrüßte die Intendantin die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler – beides Zeichen dafür, dass es bei diesem Projekt ernsthaft um etwas ging!

Impressionen zur Premiere "Sein oder Schein – Ein Western-Steak mit einem Hauch Theater"
Foto: Murad Atshan, Karlsruhe (murad_atshan@yahoo.com)

Impressionen zur Premiere "Sein oder Schein – Ein Western-Steak mit einem Hauch Theater"
Foto: Murad Atshan, Karlsruhe (murad_atshan@yahoo.com)

Der Kulturbeauftragte der Realschule berichtet: "Mich hat die Durchmischung von heiligen Bildern und Objekten im Museum und der Theateratmosphäre mit Spiel, Musik und Licht besonders beeindruckt." Adrian (6. Klasse) erklärte: "Durch die ganze Atmo fühlte man sich nicht in einer Rolle auf der Bühne, sondern als echter Cowboy." Auch Martyna (7. Klasse) blickte noch im darauffolgenden Schuljahr auf das Ereignis zurück: "Jedes Mal, wenn ich mit dem Bus am Museum vorbeifahre, denke ich intensiv an die tolle Zeit." Die Aufführung hinterließ bei allen Beteiligten einen bleibenden Eindruck und wurde auch von der Presse positiv aufgenommen.

"Schicksal auf offener Straße"

Der Erfolg des ersten Jahres beflügelte alle, das Theaterprojekt fortzusetzen und auszubauen. Die Auswertung an den Schulen zeigte, dass einige Dinge angepasst werden sollten. Die Zusammenarbeit mit drei Schulen in einem Projekt war organisatorisch sehr kompliziert, vor allem während der Endproben, die im Vormittagsbereich lagen. Alle Klassen der Stufen 6 bis 8 waren betroffen, vereinzelt mussten Schülerinnen und Schüler befreit und Termine mit allen Klassenlehrerinnen und -lehrern abgestimmt werden. Auch die Doppelaufgabe von Projektleiter im Theater und Kulturbeauftragtem der Schule war nicht immer ganz leicht. Inspiriert von den guten Prozessen und Ergebnissen entschied die Realschule, das Projekt in einer 7. Klasse fest in den Unterricht zu integrieren und dazu eine Doppelstunde am Vormittag zur Verfügung zu stellen. Das ermutigte die beiden anderen Schulen, das Gleiche zu versuchen. Und so startete das Projekt 2013/14 mit drei 7. Klassen im Klassenverband. Die Projektbetreuung lag nun bei den Klassenlehrerinnen und -lehrern, die Kulturbeauftragten unterstützten punktuell, und die Prozessbegleitung lag beim Kulturagenten. Das neue Modell vereinfachte die Organisation im Schulalltag erheblich. Durch die Etablierung einer festen Klasse konnten die Schulen die Auswirkung des Theaterprojekts auf den Klassenverband besser verfolgen.

Auch aufseiten des Theaters wurde überlegt, wie sich die Kooperation vertiefen und das Projekt besser an das Theater anbinden ließe. In einem Gespräch mit der Intendantin, der Theaterpädagogin, dem Kulturagenten und dem Regisseur des Projekts wurde sehr schnell klar: Der nächste Schritt wäre, die Produktion auf die große Bühne des Theaters zu holen – mit dem ganzen Theaterapparat, der dazu notwendig ist. Die Intendantin sagte gleich ihre Unterstützung zu. Ein Leitgedanke war, dass sich das Theater noch stärker als Ort für die Kooperationsschulen öffnen könnte, um noch mehr Eltern über die Aufführung zu erreichen. Eine weitere wichtige Annahme war, dass eine Produktion mit professionellen Bedingungen sowohl dem künstlerischen Gelingen als auch der Wertschätzung der kulturellen Bildung nach innen und außen zuträglich sei. Beide Seiten gaben daraufhin mehr Zeit und Ressourcen in das Projekt. Es wurde während des ganzen Schuljahrs 2013/14 mit den teilnehmenden Klassen gearbeitet, davon vier volle Tage im Theater. Die Premiere fand im Theater unter Mitwirkung von 60 Schülerinnen und Schülern, mit vielen Eltern, mit über 60 Prozent der Kollegien der drei Schulen sowie zahlreichen kommunalen Vertreterinnen und Vertretern statt. Schlagartig wurde das engagierte Spiel der Schülerinnen und Schüler sichtbar und auch, wie fruchtbar sich die Kooperation mit dem Theater und zwischen den Schulen gestaltete. Die Hoffnung, dass sich das Theaterprojekt positiv auf den Klassenverband und die sozialen Kompetenzen der Teilnehmenden auswirken würde, erfüllte sich aus Sicht des Kollegiums.

"Schicksal auf offener Straße" Endproben im Theater Baden-Baden
Foto: Sandra Jacques (www.dieweltimblick.de)

"Schicksal auf offener Straße" Endproben im Theater Baden-Baden
Foto: Sandra Jacques (www.dieweltimblick.de)

Thematisch entwickelten die Schülerinnen und Schüler "ein Stück zwischen Freiheit und Gefangenschaft", das zeigte, wie nahe beides beieinanderliegt. Ausgangsthema war "Hotellerie", zu dem die Kunsthalle parallel eine Ausstellung zeigte. Die vielen Nobelhotels der Stadt – Orte, die Jugendliche für gewöhnlich nicht betreten – legten eine Auseinandersetzung mit dem Thema ebenfalls nahe. Die Schülerinnen und Schüler setzten das Gefängnis als Gegenort dazu. Sie recherchierten vor Ort, besuchten ein Luxushotel und erarbeitete daraus das Stück. Die Möglichkeiten der Theaterbühne sollten für die Inszenierung voll ausgenutzt werden: Beleuchtung, Ton, Kostüme, Drehbühne, Operafolie, Projektionen. Damit hielten die 60 Teilnehmenden das ganze Theater eine Woche lang ziemlich auf Trab – und die professionelle Premiere gab ihnen Recht!

"Wir und Wildnis"

Das Theaterprojekt 2014/15 greift das Spielzeitmotto "Wir und Wildnis" des Theaters Baden-Baden auf, um eine noch engere Verzahnung der Kooperation auch auf inhaltlicher Ebene zu erreichen. Das Konzept wird beibehalten, dass die Schülerschaft daraus ihr eigenes Stück entwickelt und für die Aufführung vier Tage die Theaterbühne zur Verfügung steht. In diesem Durchlauf wird die Kooperation auch auf struktureller Ebene nochmals vertieft. Die Auswertung hat gezeigt, dass es nicht ganz leicht ist, wenn 60 Schülerinnen und Schüler auf die Bühne stürmen und das Theater mit all seinen Gewerken involviert ist. Beide Seiten müssen voneinander lernen und ihre Anforderungen miteinander abgleichen. Angeregt durch den Kulturagenten werden die Planungen im Theater nun viel früher angegangen und bereits zu Beginn neben der Theaterleitung und der Theaterpädagogik weitere Abteilungen wie Dramaturgie, Technik, Künstlerisches Betriebsbüro oder Öffentlichkeitsarbeit involviert, um das Projekt im Theater noch besser zu verankern und zu kommunizieren. Diesmal sind von Anfang an auch Vertreterinnen und Vertreter der Schulen an den Gesprächen beteiligt. Für die gemeinsame strategische Zielsetzung wäre es allerdings weiterhin sehr wünschenswert, dass zu Beginn eines Schuljahres die Gespräche auf Leitungsebene der Kooperationspartner stattfinden.

Am Konzept, dass die Teilnehmenden der Kooperationsschulen im Theater unter professionellen Rahmenbedingungen auftreten und sie vier Tage die Theaterbühne zur Verfügung haben, wird festgehalten. Auch das Konzept, das Projekt im Klassenverband im Regelunterricht stattfinden zu lassen, wird beibehalten. Durch die Erfahrung des vergangenen Jahres ist man nun auch bereit, eine Stunde Deutschunterricht dafür zu investieren und nicht wie bisher den Kunstunterricht dafür zu opfern. Die Schulen haben erkannt, dass der Gewinn für ihre Schülerschaft gerade im sprachlichen Bereich unglaublich groß ist. Ergänzend gibt es eine Theater-AG für Teilnehmende der letzten beiden Jahre, die ebenfalls am Projekt "Wir und Wildnis" mitwirken können.

Fazit

Es war ein Glücksfall, dass sich das Theater Baden-Baden und die Schulen schon zu Beginn auf eine fünfjährige Kooperation eingelassen haben. Damit war ausreichend Zeit vorhanden, damit das gegenseitige Vertrauen wachsen konnte, damit sich Strukturen und Arbeitsweisen entwickelt, nach und nach verbessert und vertieft haben. Grundlegend hierfür ist der regelmäßige Austausch zwischen den Partnern: Es ist aus meiner Sicht eine der entscheidenden Aufgaben der Kulturagentinnen und Kulturagenten, diesen Austausch auf allen Ebenen kontinuierlich aufrechtzuerhalten und zu fördern. Gerade die Begleitung der Prozesse durch sie und die damit verbundene Reflexion, tragen entscheidend dazu bei, dass sich die Zusammenarbeit weiterentwickelt und neue Impulse erhält. Der damit verbundene intensive Austausch mit den Schulen ist ein wichtiger Baustein für die Qualität der Projekte und deren Wertschätzung. Dass dieser Austausch sowohl auf Arbeitsebene mit den Schulen dank engagierter Kolleginnen und Kollegen als auch mit der Theaterleitung in Baden-Baden so gut gelingt, trägt maßgeblich zum Erfolg der Kooperation bei.