Carolin Berendts
Ein Hoch auf Studientage und Projektwochen!
Carolin Berendts

Ein Hoch auf Studientage und Projektwochen!

Warum ein altbekanntes Format manchmal genau das richtige ist

In Fachdiskursen hört man viel über neue, innovative Formate von kultureller Bildung an Schulen. Insbesondere die Ganztagsschule lässt neue Ideen der Akteurinnen und Akteure entstehen: Und das ist auch gut so! Eine klassische Projektwoche erscheint dagegen manchmal fast anachronistisch und langweilig. Und was genau an einem Studientag passiert, ist vielen außerhalb von Schule nicht ganz klar. Und doch bieten genau diese altbekannten Formate vielfältige Möglichkeiten für Lernende, Lehrende und Projektpartner.

Dabei ist klar: Ein Format ist immer abhängig davon, was man erreichen möchte. Projektwochen sind nicht per se "gut", und an manchen Schulen gibt es vielleicht sogar zu viele davon. Doch an den drei Gemeinschaftsschulen meines Netzwerks, an denen Schülerinnen und Schüler von der 1. bis zur 10. beziehungsweise bis zur 13. Klasse gemeinsam lernen und alle Schulabschlüsse erreichen können, beschäftigte uns von Beginn des Kulturagentenprogramms an diese Frage: Wie kann kulturelle Bildung zum Zusammenhalt der Schule als Ganzes beitragen? Wie können Projekte ein Labor dafür sein, klassen- und stufenübergreifendes Lernen zu erproben und auszubauen? Dabei bewährten sich an allen drei Schulen Projekttage und -wochen, von denen ich im ersten Teil dieses Textes berichten möchte.

Doch Projekttage gibt es nicht nur für die Schülerschaft. Was für Kinder und Jugendliche gilt, kann auch auf die erwachsenen Mitwirkenden übertragen werden: Wir Akteure der kulturellen Bildung überlegen oft, wie wir die Kinder und Jugendlichen dort abholen können, wo sie stehen; wie wir unterschiedliche Module aufeinander aufbauen, welche Übergänge wir gestalten. Die Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Erzieherinnen und Erzieher einer Schule sowie die beteiligten Künstlerinnen und Künstler müssen oft von alleine "funktionieren". Studientage, die dem gesamten Kollegium zur Fortbildung dienen, sind hier ein spannendes Format für künstlerisches Arbeiten mit den oben Genannten. Wie künstlerische Workshops im Rahmen von drei verschiedenen Studientagen zur Öffnung von Schule beitragen konnten und welchen Einfluss sie auf die anschließende Arbeit hatten, berichte ich im zweiten Teil dieses Textes.

Alle Jahre wieder… Projektwoche und Schule

Fällt das Wort "Projektwoche", steigen bei vielen Erinnerungen an die eigene Schulzeit auf: "Ach, das gibt es immer noch?" Ja, das gibt es immer noch. Denn es funktioniert. Warum halte ich dieses Format auch in Zeiten der Ganztagsschule, die doch ganz andere Zeitformate ermöglichen soll, für ein geeignetes Mittel, um kulturelle Bildung in Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungspartnern an Schulen zu verankern?

Jeder weiß, was eine Projektwoche ist.

Im Gegensatz zu Wahlpflichtunterricht, erweiterten Lernangeboten, Förderbändern und Werkstattangeboten (um nur eine Auswahl zu nennen, denn ich habe sie am Anfang alle durcheinandergebracht) kann sich unter einer Projektwoche in der Regel jeder etwas vorstellen. So einfach das klingt: Es erleichtert die Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen Partnern ungemein.

Schule hat Projektwochenkompetenz.

Niemand muss an einer Schule erklären, was eine Projektwoche ist. Es gibt in der Regel mindestens eine Projektwoche am Ende eines jeden Schuljahres. In dieser "klassischen" Version sind die Noten gemacht, und gefühlt die Hälfte der Schule ist auf Achse. In ganz Berlin sind kulturelle Bildungsangebote für Schulen dann ausgebucht, und Projekte, die vorher nicht zu Ende geführt wurden, bekommen in diesem Zeitraum sicher noch einen Projekttag. Doch auch während des Schuljahrs gibt es mehr und mehr Projekttage und -wochen, in denen zu unterschiedlichen Schwerpunkten von fächerübergreifendem Lernen in Projekten bis hin zur Berufsorientierung gearbeitet wird. In den von mir begleiteten Gemeinschaftsschulen stehen diese themenspezifischen Wochen meist unter der Organisation der Jahrgangsteams (einer Gruppe von Lehrerinnen und Lehrern, die schwerpunktmäßig in einem Jahrgang unterrichten, zum Teil Klassenlehrkräfte sind und Angebote für die Klassen koordinieren), die so für alle Schülerinnen und Schüler ihrer Jahrgangsstufe Lernangebote machen. Manchmal nimmt jede Klasse am selben Angebot teil, manchmal ergibt sich über die Jahrgangsstruktur auch die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler je nach Interesse Angebote wählen können.

Kunst und Kultur haben Projektwochenkompetenz.

Nicht nur der Schule, auch den Akteurinnen und Akteuren aus Kunst und Kultur, seien es Institutionen oder freiberufliche Kunstschaffende, kommen feste Strukturen, Zeitblöcke und Planbarkeit meistens sehr gelegen. Es ist einfach ein Unterschied, ob ein Raum eine Woche am Stück geblockt wird oder jede Woche aufs Neue hergerichtet werden muss; Technik kann am Stück ausgeliehen werden, Absprachen konzentrieren sich auf einen festgelegten Zeitraum; es müssen in der Regel keine Termine aufgrund anderer interner Termine verschoben werden. Was in der Woche passiert, passiert.

Aber auch inhaltlich ist manchen Künstlerinnen und Künstlern das intensive Arbeiten am Stück sehr viel lieber. Stefanie Schlüter, die als freie Filmvermittlerin deutschlandweit Filmvermittlungsprojekte insbesondere für Kinder konzipiert und durchführt und mit dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst an verschiedenen Berliner Kulturagentenschulen Projekte durchgeführt hat, fasst es folgendermaßen zusammen: "In zahlreichen Projekten haben wir die Erfahrung gemacht, dass es wesentlich gehaltvoller ist, einen Workshop in Form einer intensiven Projektwoche durchzuführen als ihn über mehrere Wochen oder das ganze Schuljahr hindurch anzubieten. Bei Projekten über ein Schulhalbjahr müssen die Künstlerinnen und Künstler mit den Kindern zu Beginn der Treffen immer wieder von neuem den roten Faden suchen und die Motivation herstellen. Eine Projektwoche ist zwar intensiv und sicher auch anstrengend für alle Beteiligten, aber im Idealfall entsteht durch die spontane Annäherung eine kreative Energie, mit der die Gruppe innerhalb eines kurzen Zeitraums gemeinsam etwas zu schaffen in der Lage ist. Für Schulen macht es manchmal aus strukturellen Gründen Sinn, Künstlerinnen und Künstler ein ganzes Schulhalbjahr hindurch in den Unterricht einzuladen. Aus der Sicht des künstlerischen Prozesses jedoch macht es wenig Sinn, die Arbeit für zwei Schulstunden aufzunehmen, weil die Kinder dann länger mit dem Auf- und Abbau des Materials und mit dem Aufräumen als mit ihrer eigenen Kreativität beschäftigt sind. Auch entspricht diese Arbeitsweise kaum der Lebensrealität von Künstlerinnen und Künstlern. Bei einem Workshop in der Hunsrück-Grundschule in Kreuzberg, in dem die Kinder auf 35-mm-Filmstreifen malten und kratzten, war es geradezu wesentlich, dafür viel Zeit zu haben. Nachdem ein Junge auf seinem Filmstreifen nicht mehr weiter wusste, setze ich mich zu ihm, und wir malten zusammen ein Stückchen, bis er wieder in Fahrt gekommen war und plötzlich rief: ,Das könnte ich 24 Stunden am Tag machen!" Ich denke, gerade mit Kindern sollte man auf kurze, intensive Zeiträume setzen, statt die Projekte endlos auszudehnen."

Es gibt also nicht nur organisatorische, sondern auch inhaltliche Gründe für Projektwochen. Doch wie gestaltete sich dies ganz konkret in der Arbeit mit den Netzwerkschulen?

Wie in einer Woche Gedankenräume entstanden

Im ersten Programmjahr 2011/2012 führten wir in Treptow-Köpenick zwei Netzwerkprojekte durch, deren Erfahrungen die Konzeption der Arbeit im Anschluss erheblich beeinflussten.

  1. "Gedankenräume": ein künstlerisches Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt (HKW) für insgesamt sechs 1
  2. "Kulturerwachen": künstlerische Interventionen im Schulbetrieb mit dem Ziel, Schülerinnen und Schüler zur Mitarbeit am Kulturfahrplan zu begeistern.

Das erste Projekt versammelte als eine Art Zukunftslabor zu Beginn der Programmlaufzeit vielfältige Ziele: Kooperation mit einer renommierten Kultureinrichtung, Ansatz des künstlerischen Forschens, Konzentration auf die Mittelstufe (zwei 7. und eine 8. Klassenstufe waren beteiligt), Auseinandersetzung mit DDR-(Bau-)Geschichte, Austausch mit Netzwerkschulen (und darüber hinaus), Verschränkung von digitaler und analoger Präsentation und schließlich: ein innovatives Zeitformat. Das Ganze sollte eben genau nicht in Projektwochen stattfinden, sondern in regelmäßig wiederkehrenden Projektblöcken, um es den Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, zwischen den einzelnen Einheiten selbstständig den künstlerischen Fragestellungen nachzugehen. Soweit der Plan und die Theorie. In der Praxis wurden zwei der drei Projekte in einer Projektwoche am Ende des Schuljahres durchgeführt. Mit großem Erfolg. Warum der Wandel?

Projekt "Gedankenräume – 111 Jahre" der Grünauer Schule
Foto: Atelier Limo

Mit der ersten Schule hatten wir keinen passenden Zeitpunkt gefunden: Sowohl die Künstler von Atelier Limo, die sich als Dokumentarfilmer mit der ehemaligen Schengen-Grenze beschäftigten und viel unterwegs waren, als auch die 7. Klasse, die zum Zeitpunkt der Projektgenehmigung bereits verschiedene Projekttage, Prüfungszeiträume und so weiter im Jahresplan stehen hatten, kamen erst am Ende des Jahres zusammen. Der Film, der das Projekt bis heute schön auf YouTube präsentiert, war in dieser Form gar nicht geplant: Er wurde von den Filmemachern in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag vorgeschnitten, um den Schülerinnen und Schülern einen Eindruck der bisherigen Arbeit zu geben. Von Donnerstag auf Freitag wurde dann eine erste Version fertiggestellt, damit zum Ende der Projektwoche neben den erarbeiteten Infotafeln auch der Film beim Präsentationstag gezeigt werden konnte. Alleine die Klasse sah ihn an diesem Tag sicher fünf Mal hintereinander. Die Künstler brauchten nach dieser Woche definitiv Schlaf und Energie. Aber sie kamen wieder: Im nächsten Jahr arbeiteten sie mit derselben Gruppe weiter, diesmal zur Geschichte von anderen Gebäuden im Ort, wieder in der Projektwoche.

An der zweiten Schule hatten wir uns dazu entschlossen, mit Interessierten aus allen fünf 7. Klassen zu arbeiten; auch das war nur am Ende des Schuljahres nach Notenschluss möglich.

Am schwierigsten gestaltete sich das Projekt in der dritten Schule, an der wir nach langem Suchen im Kalender wie ursprünglich geplant alle Projektblöcke durchführten: Einmal fiel ein Block aufgrund schulischer Ereignisse aus; oft konnten die Schülerinnen und Schüler inhaltlich nicht an das anknüpfen, was sie letztes Mal gearbeitet hatten, auch wenn es nur drei Tage zurücklag. Zwar hatten wir auch ganze Projekttage zu Beginn, in der Mitte und am Ende des Projekts, an denen die Arbeit einfacher war, da sich die Gruppe über einen Tag und nicht nur über 90 oder auch 120 Minuten organisieren konnte. Insgesamt aber forderte das Projekt viel Kraft von allen Beteiligten, Schülerinnen und Schülern wie Anleitenden. Die zeitliche Organisation war dafür sicher nicht der einzige, aber ein wichtiger Grund.

Seit diesem Projekt versuche ich immer, noch genauer auszuloten, wann sich welches Format anbietet. Natürlich arbeite ich auch in Projekten, die über ein halbes oder ganzes Schuljahr laufen. Aber auch hier achte ich darauf, dass Projekttage zu Beginn und am Ende, oft auch noch in der Mitte, stattfinden können, die künstlerisches Arbeiten am Stück ermöglichen.

Projekt "Gedankenräume – Klang Körper Raum" der Anna-Seghers-Schule
Foto: Claire Waffel

Kollateralnutzen Gemeinschaftsgefühl

Projekttage müssen natürlich nicht, können aber mit allen Schülerinnen und Schülern einer Klassenstufe, einer Schulstufe oder gar einer ganzen Schule durchgeführt werden. Im Fall von "Kulturerwachen" führten wir zu Beginn des zweiten Programmjahres für alle Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 10 der Anna-Seghers-Schule zweistündige Schnupperworkshops in verschiedenen, an der Schule so noch nicht angebotenen Kunstrichtungen durch. Mit dabei waren Angebote wie kreatives Schreiben, Improtheater, Bodypercussion, zeitgenössischer Tanz und Popgesang, die je nach Interesse gewählt wurden. Im Anschluss gab es für jede Stufe eine Präsentation in der Aula, in der auch die Möglichkeiten des Kulturagentenprogramms vorgestellt und die Schülerschaft nach ihren Ideen und Wünschen gefragt wurden. Das ursprüngliche Ziel, neue Ideen für die Entwicklung des Kulturfahrplans, dem Programminstrument zur langfristigen Planung und Steuerung kultureller Projekte an Schule, zu generieren, wurde allerdings nicht wirklich erreicht: Einige Schülerinnen und Schüler aus der Bodypercussiongruppe wünschten sich Bodypercussion, einige aus der Tanzgruppe Tanz. Andere wünschten sich "wieder so einen Kulturtag". Die Spuren, die wir gelegt hatten, waren direkt im Anschluss an zwei Stunden Arbeit zu stark. Was wir aber dank großartiger Workshopleitenden erreicht hatten, war ein echter gemeinschaftlicher Höhepunkt, von dem nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Lehrerinnen und Lehrer lange Zeit so begeistert waren, wie wir es nicht hätten planen können. Die reibungslose Durchmischung der Klassen und sogar Stufen, die freiwillige Einwahl in Neigungsgruppen, die Energie der zweistündigen Workshops und der jeweiligen anschließenden Werkstattpräsentation in der Aula, all das berührte nicht nur eine Klasse, eine Lerngruppe, sondern tatsächlich die Gesamtheit der in der Mittelstufe Lernenden und Lehrenden. Dieses Gemeinschaftserlebnis begleitet seitdem als "Kollateralnutzen" unsere Arbeit an der Anna-Seghers-Schule. Sie war nur möglich, da für halbe Projekttage ganze Stufen freigestellt wurden.

Vom Kulturerwachen zum Gemeinschaftskunstwerk

Und eineinhalb Jahre später zahlte sich diese Veranstaltung auch für den Kulturfahrplan aus: Der Kulturrat der Schule, eine Steuerungsgruppe mit Lehrer-, Schüler- und Elternvertretern, beschloss, alle verbleibenden Mittel für eine schulübergreifende Projektwoche für alle 1.100 Schülerinnen und Schüler der Klassen 1 bis 13 unter dem Titel "Gemeinschaftskunstwerk" zu beantragen. Diese Projektwoche findet im Mai 2015 an der Anna-Seghers-Schule und bei vielen Partnern statt, ihre Vorbereitung ist gegenwärtig ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt in der Schule. Folgende Argumente haben die Schulleitung und die Projektmittelgeber überzeugt:

  • Eine langfristig geplante und geblockte Woche innerhalb des Schuljahrs (von der ersten Idee ab zwei Jahre Vorlauf) ermöglicht eine sorgfältige Vorbereitung.
  • Der Schwerpunkt liegt auf fach- und stufenübergreifenden Projekten, die Zusammenarbeit mit externen Partnern ist Teil vieler Projekte.
  • Es besteht die ganze Woche die Möglichkeit zum Arbeiten an außerschulischen Lernorten. Alle Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, weitere Kolleginnen und Kollegen und Partner sind beteiligt.
  • Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit künstlerischen Lernmethoden, die Woche ist prozess- und nicht produktorientiert. So entsteht die Möglichkeit zur Kooperation zwischen Unterrichts- und Schulangeboten (AG und Fachunterricht), die im Schulalltag oft nicht realisierbar ist.
  • Eine Planungsgruppe mit Schüler- und Elternbeteiligung ist möglich, in der Kollegen aller Professionen und Fachbereiche sowie Partner sitzen, alle bereiten gemeinsam vor. Schülerinnen und Schüler bieten selbst Angebote für Mitschülerinnen und Mitschüler an, unterstützt werden sie dabei von ihren Lehrerinnen und Lehrern.

Der Erfolg solcher Projektwochen kann sich natürlich nur langfristig erweisen. Denn kulturelle Bildung an Schule hört nicht nach einer Projektwoche auf. Eine Projektwoche kann aber innerhalb von fünf Tagen Neues erproben, das bei Gelingen im Anschluss weiterentwickelt und weitergeführt wird. Dieselbe Möglichkeit bieten Studientage, die im nächsten Abschnitt dieses Textes behandelt werden. Beide Formate können Impulse für die kulturelle Bildung an Schule setzen. Und diese geschieht täglich und über das ganze Jahr.

Erkläre mir, und ich werde vergessen.
Zeige mir, und ich werde mich erinnern.
Beteilige mich, und ich werde verstehen. (Konfuzius)

Wie künstlerische Lehrerworkshops das Verstehen in Kollegien befördern können

Diese Worte von Konfuzius werden gern zitiert, wenn es um die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen geht. Dabei sind sie genauso wahr in Bezug auf Erwachsene. Im Kulturagentenprogramm haben sich Schulen auf den Weg gemacht, kulturelle Bildung neu, anders, tiefer in ihrem Schulprofil zu verankern. Dies funktioniert nur, wenn sowohl Schulleitung als auch das gesamte pädagogische Personal einer Schule hinter dieser Mission stehen. Und egal welches Projekt in Schule realisiert wird: Es steht und fällt auch mit der Unterstützung der begleitenden Lehrkräfte.

Studientage werden zur Fortbildung des Kollegiums oder zur Weiterarbeit an ausgewählten Schwerpunkten der Schulentwicklung genutzt.2 Die Schülerschaft ist an diesem Tag freigestellt oder wird von benachbarten Schulen betreut. Die Durchführung künstlerischer Workshops für das ganze Kollegium im Rahmen von Studientagen ist eine Möglichkeit, Verständnis für kulturelle Bildungsarbeit an Schule zu wecken. Auch hier ist der Vorteil, dass alle teilnehmen, nicht nur die offenen und bereits begeisterten Kolleginnen und Kollegen, sondern auch die Zweifelnden und vor allem die oft große Mitte der interessiert Abwartenden.

Künstlerischer Lehrerworkshop
Foto: Angelika Ludwig

Ein künstlerischer Workshop für das gesamte Kollegium, umso mehr, wenn es der erste seiner Art ist, soll ein angenehmes Erlebnis sein. Alle Beteiligten leisten Tag für Tag ein hohes Arbeitspensum, ein Studientag kann da ein Moment des Auftankens und Zusammenkommens sein. Ein Ziel ist, die potenziell interessierten Kolleginnen und Kollegen für die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern zu gewinnen, ja zu begeistern. Und dies funktioniert nicht ausschließlich über das Erklären der Vorteile kultureller Bildung, sondern über das Zeigen und im Idealfall das Beteiligen, was an jeder Schule schon vor dem Tag starke Reaktionen ausgelöst hat: "Wie, wir sollen jetzt Theater spielen wie die Schüler?" Bei der Konzeption eines solchen Tages sollten deswegen unbedingt auch Angebote für die nicht ganz so Bühnenaffinen und Extrovertierten eingeplant werden, um Verweigerungsmomenten keinen Vorschub zu leisten.

Ich konnte in der Programmlaufzeit im Rahmen von Studientagen für alle drei Schulen künstlerische Workshops mit unterschiedlichen Schwerpunkten realisieren. Den Auftakt machte die Anna-Seghers-Schule 2012 mit einer Veranstaltung, die unter der großen Unterschrift "Kultur" stand. Ziel des Tages war es, allen potenziellen Mitstreitenden zu Beginn des Programms die Möglichkeiten des Kulturagentenprogramms näherzubringen. Die Schulleitung willigte ein, da sie für ihr Kollegium von 90 Personen in vier Häusern und drei Schulstufen eine teambildende Maßnahme über Stufen und Ausbildungen hinweg wünschte. Der Tag war in einen interaktiven Vortrag des Pädagogen, Schauspielers und Regisseurs Marc Vereeck und verschiedene Workshops3 unterteilt und in der Folge Grundlage und Bezugspunkt für alles, was wir an der Schule an Projekten und Überlegungen initiierten.

Während die Anna-Seghers-Schule dem Vorbereitungsteam (bestehend aus Kulturbeauftragtem und Kulturagentin), abgesehen vom Wunsch nach einem Gemeinschaftsmoment, große inhaltliche Freiheit ließ, gestaltete sich die Arbeit an einem künstlerischen Workshop für das Kollegium der Sophie-Brahe-Schule auf umgekehrtem Weg: Ursprünglich sollte ein Studientag zum Thema "Leitbild" stattfinden, und weil eine Kulturagentin bei Bildern gleich an ein Museum denkt, verlegten wir diesen Tag in den Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin. Hier profitierten wir von der Gastfreundschaft und Expertise der Vermittlungsabteilung. Als Einstieg beschrieb die Kulturvermittlerin Anne Fäser ihre Faszination an den im Museum ausgestellten Werken von Joseph Beuys und öffnete so ein anderes Nachdenken über die Bedeutung von Bildern, bevor alle in unterschiedlichen Arbeitsgruppen am Leitbild der Schule arbeiteten. Der Tag wurde mit Workshops von Kooperationspartnern der Schule und des Museums abgeschlossen, die je in ihrer eigenen Weise kreativ zum Begriff des Leitbilds arbeiteten: literarisch, tänzerisch, in der Druckwerkstatt oder ganz einfach als Besucherinnen und Besucher des Museums. Das Thema wurde hier aufgenommen und künstlerisch weitergedacht.

Künstlerischer Lehrerworkshop der Sophie-Brahe-Schule im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin
Foto: Carolin Berendts

Den Anfang einer langfristigen Kooperation schließlich markierte die Veranstaltung der Grünauer Gemeinschaftsschule und des Schlossplatztheaters Köpenick. Der Tag wurde eingeleitet von einem Ausschnitt der Produktion "FastFaust" und einer Vorstellung des Theaters. Sechs verschiedene Workshopangebote der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Theaters setzten sich im Anschluss mit unterschiedlichen künstlerischen Schwerpunkten mit dem "Zauberlehrling" von Goethe auseinander und kamen in nur zwei Stunden zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen, die in der Abschlussrunde präsentiert wurden. Nach diesem Tag entstanden zusätzlich zu den bestehenden Kooperationsformaten direkt verschiedene Projektideen, die wir zum Teil schon gemeinsam umsetzen konnten. In weniger als 15 Stunden entwickelten die Schülerinnen und Schüler von zwei 9. Klassen eine zeitgenössische Adaption von "Romeo und Julia"; im Sommer 2015 ist in Zusammenarbeit mit dem Mellowpark ein einwöchiger "Klassikbattle" für die fünf 10. Klassen geplant. Unter der Leitung der Kunstlehrerin und der Kulturbeauftragen Andrea Neumann sortierten Schülerinnen in der Projektwoche den Fundus im Theater und inszenierten parallel dazu die Kostüme aus unterschiedlichen Epochen in einem Fotoprojekt. Mit einer Kollegin aus der Grundstufe führten wir einen Schnuppertag für Kinder und ihre Eltern im Theater durch. Und die Schülervertretung führte einen ihrer Workshops in den Räumlichkeiten der alten Möbelfabrik durch, die zum Theater gehört.4

So unterschiedlich die drei Tage waren, jeder hatte einen Einfluss auf die Wahrnehmung der kulturellen Bildungsarbeit in den Schulen. Viele Kolleginnen und Kollegen erinnern sich gerne und immer wieder daran; in allen drei Schulen gehörten die künstlerischen Workshops in der Auswertung zu den Höhepunkten des Kulturagentenprogramms. Einige Kolleginnen und Kollegen haben im Sinne des Verstehens Impulse für ihre Arbeit mitgenommen, sei es in Form eines Theaterprojektes oder einer kreativen Schreibübung für den Deutschunterricht. Als ein Instrument können künstlerisch durchgeführte Studientage zur Akzeptanz und Verankerung kultureller Bildung an Schule beitragen. Sie experimentell und ungewöhnlich zu gestalten, ist eine Chance, denn mit den Veranstaltungen wird exemplarisch erlebt, wie gute kulturelle Bildungsarbeit funktioniert. Kulturpartner bereits in der Vorbereitung einzubeziehen, gibt die Möglichkeit, über den rein schulischen Blickwinkel hinauszugehen. Auch für die Verstetigung der Zusammenarbeit mit den verschiedenen externen Partnern von Schule können ganze Tage viel bewirken.

Bei der Visionsentwicklung zu einem Kulturfahrplan 2015 bis 2017 träumten wir unlängst in Grünau von einem Studientag, in dem Lehrkräfte zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Theaters und anderen Partnern gemeinsam an Lehrplaninhalten arbeiten und daraus Projekte entwickeln – jedes Jahr. Und vielleicht führt irgendwann ein Kooperationspartner für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch einen Studientag an Schule durch?

1 Eine ausführliche Dokumentation ist online abzurufen: http://www.hkw.de/de/programm/projekte/veranstaltung/p_79099.php [1.12.2014].

2 Handlungsrahmen Schulqualität in Berlin. Qualitätsbereiche und Qualitätsmerkmale – Entwurfsfassung, S. 31, online: http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/schulqualitaet/qualitaetssicherung/HandlungsrahmenSchulqualitaetBerlin.pdf [1.12.2014].

3 Mehr dazu online: http://kulturagenten-programm.de/home/neuigkeiten/show/194 [1.12.2014].

4 Mehr dazu online: http://kulturagenten-programm.de/home/neuigkeiten/show/559 [1.12.2014].