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Glücksfälle
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Kristin Pröger: Wie sind Sie kulturbeauftragte Lehrerin geworden?
Barbara Lange: Das war ein großer Zufall. Eine Kollegin, die hier an der Schule für die Theaterarbeit zuständig ist, hatte die Ausschreibung für das Modellprogramm "Kulturagenten für kreative Schulen" im Netz gefunden: "Guck Dir das mal an, wäre das nicht was für uns?" Als auch unser Schulleiter sagte: "Wir probieren das einfach", haben wir die Bewerbung zusammengestellt und fast ein bisschen blauäugig eingereicht. Tatsächlich hätten wir nie damit gerechnet, dass ausgerechnet wir den Zuschlag erhalten. Als dann das "Jawohl, Sie können mitmachen" kam, brauchten wir jemanden, der mit seinem Namen dafür steht. Da ich die einzige Kunsterzieherin hier an der Schule bin, habe ich "okay" gesagt.
Mit dem Programmstart im Herbst 2011 wurden Sie Kulturbeauftragte. Wie sind Sie an die Rolle herangegangen?
Ja, allerdings wussten wir damals noch nicht, was uns erwarten wird. Zuerst kam unsere Kulturagentin, Dorothee Bucher, zu uns und hat das Kulturagentenprogramm und seine Ziele noch einmal vorgestellt. Meine ersten Gedanken waren: Wenn so viele formale Anforderungen zu beachten sind, wird es uns dann überhaupt gelingen, die Kolleginnen und Kollegen zu begeistern? Aber ich wusste, das ist jetzt meine Aufgabe, da muss ich durch. Frau Bucher hat am Anfang alles übernommen und uns angeleitet. Ihre Aufgaben liegen inzwischen vorwiegend im formalen Bereich (Anträge, Verwendungsnachweise schreiben und vieles mehr). Für einen kulturbeauftragten Lehrer ist es kaum möglich, das alles nebenbei zu leisten.
Könnten Sie ein bisschen davon erzählen, wie die Aufgabenteilung zwischen Ihnen und der Kulturagentin läuft?
Wir setzen uns immer bereits in den Sommerferien zusammen und überlegen gemeinsam, welche Ideen wir haben, was wir in diesem Jahr umsetzen wollen und welche Künstlerinnen und Künstler sich zur Zusammenarbeit eignen. Frau Bucher schlägt Kunstschaffende vor und baut die Verbindung zu ihnen auf; ich versuche, die Kollegen zu gewinnen. Sie macht also vor allem die Arbeit im Projekt, hat die Projektleitung und die Kontakte zu den Kunstschaffenden, und ich arbeite mit den Kolleginnen und Kollegen an der Schule. Wenn Kunstschaffende und Projektideen feststehen, hänge ich im Lehrerzimmer eine Liste aus, in der sich alle Kolleginnen und Kollegen, die Interesse haben, als Partner einschreiben können. Wer sich für eine Projektidee erwärmen konnte, übernimmt auch direkt den Kontakt zu den Künstlerinnen und Künstlern. Ich trete dann eher in den Hintergrund, übernehme die Organisation wie Materialbestellung oder Planung von Räumlichkeiten. Die Projekte laufen dann von alleine. Wenn jemand eine Frage hat oder nicht zurechtkommt, wissen die Kolleginnen und Kollegen, dass sie mich ansprechen können, da ich jeden Tag an der Schule bin. Zusammen mit Frau Bucher kläre ich außerdem die Finanzierung, die Honorare, das Materialgeld, sodass alle bequem damit arbeiten können. In unseren wöchentlichen Kontaktstunden machen wir Pläne wie jetzt beispielsweise den Kulturfahrplan.
Das heißt, Sie treten schon mit ersten Ideen ans Kollegium heran und sehen dann, was Zustimmung erfährt?
Genau, so war das am Anfang. Ab dem zweiten Jahr habe ich auch darüber hinaus die Wünsche der Kolleginnen und Kollegen abgefragt. Unsere Techniker und Naturwissenschaftler beispielsweise wünschen sich Projekte mit Fotografie und Film und haben dann auch ihre eigene Technik dabei. Die anfängliche Befangenheit war schnell verflogen, weil die Künstlerinnen und Künstler, die wir hier kennengelernt haben, sehr unkompliziert und kreativ waren. Davon können sich die Kolleginnen und Kollegen viel abgucken. Das ist schön, weil die meisten aus den sprachlichen oder naturwissenschaftlichen Bereichen kommen. Beispielsweise beim Papierschöpfen und Gestalten haben die Kolleginnen und Kollegen hinterher gesagt: "Jetzt können wir auch einen Workshop mit Schülerinnen und Schülern alleine machen, auch wenn das Kulturagentenprogramm nicht mehr läuft!" Beim Theater ist es genauso. Eine Kollegin hat die Ausbildung zur Spielleiterin gemacht und sucht sich ihre Partner so aus, dass sie wieder Neues dazulernt. Improvisationstheater hat sie schon ein paar Mal angeboten. Dieses Jahr hat sie Schattentheater erlernt, damit sie das in Zukunft mit ihren Theatergruppen auch machen kann. Die Informatikkollegin verfolgt ein Filmprojekt, bei dem dann wirklich ein Film gedreht wird. In den nächsten Jahren wird sie sicherlich mit Film und Fotografie weitermachen können. Das finde ich sehr gut. Das sind Glücksfälle, weil dort auch die Interessen der Lehrkräfte selbst liegen.
Sie sagten, dass aus dem Kollegium auch Ideen an Sie herangetragen werden, haben Sie dafür eine feste Zeit oder eine Gruppe eingeplant, in der sie das besprechen?
Ich habe eine Tafel im Lehrerzimmer eingerichtet, auf der Termine, Pläne und Angebote hängen und auch eine Liste: "Habt Ihr Ideen?" Außerdem bekomme ich Sprechzeit in der Dienstberatung, wenn etwas anliegt, wenn etwas zu organisieren ist. Und wir haben die Kontaktstunde mit unserer Kulturagentin. Wenn es darüber hinaus Anliegen gibt, spreche ich das direkt mit den Kolleginnen und Kollegen ab, ohne Sprechstunde, und gewinne sie für die Arbeit. Der eine oder andere sagt auch schon mal: "Übernehme ich jetzt, aber nur Dir zuliebe." Denn wir haben festgestellt und das auch in unserem Kulturfahrplan vermerkt, dass jetzt eine gewisse Belastungsgrenze erreicht ist. Noch mehr dürfte ich nicht machen, da würde ich die Kolleginnen und Kollegen verprellen und abschrecken. Beim Endspurt von Projekten, komme ich auch an den Rand meiner Kräfte, da hab ich dann schon mal eine 50- bis 60-Stunden-Woche.
Welche Impulse haben Sie für Ihre Arbeit von Frau Bucher bekommen?
Sehr viele Anregungen aus ihrer Arbeit als Kunsterzieherin. Sie hat selbst an der Schule gearbeitet und ein großes Netzwerk mit vielen Kontakten zu Künstlerinnen und Künstlern, was uns nutzt und sehr wichtig ist. Sie kann einschätzen, welche Künstler sich für welche Schule eignen, kann Tipps und Empfehlungen geben. Das ist ganz wichtig. Sie ist dann wirklich eine Agentin, die Vermittlerin zwischen den Kunstschaffenden und der ganzen Organisation. Ohne sie könnten wir das alles nicht leisten.
Welche Unterstützung erfahren Sie seitens der Schulleitung?
Wir haben seit diesem Jahr einen neuen Schulleiter. Er ist wie der alte Schulleiter Mathematiklehrer, sehr kunstinteressiert, und hat selbst viele Ideen; die Unterstützung der Schulleitung wird also nahtlos weiterlaufen. Beispielsweise bei der Gestaltung des ganzen Schulhauses, die mir sehr am Herzen liegt. Alles, was entsteht, darf dort aufgehängt und gezeigt werden und wirkt auf Gäste, Eltern und besonders auf die neuen Schülerinnen und Schüler. Sie kommen von sich aus und fragen, ob sie auch mitmachen dürfen. Für die Außenfassade hat der Schulleiter beispielsweise einen Antrag beim Schulamt gestellt, damit diese künstlerisch gestaltet werden kann. Er hat ein deutliches Interesse daran, dass die Schule auch nach außen hin wirkt. Es hat sich hier bezüglich der Imagebildung einiges getan, was man am Staunen der Gäste, Besucherinnen und Besucher der letzten Jahre feststellen kann.
Wie sieht es mit dem Engagement der Eltern aus? Informieren Sie regelmäßig über das, was an der Schule läuft, um sie einzubeziehen?
Bisher beteiligen sich die Eltern noch nicht, ich könnte mir allerdings eine Mitarbeit gut vorstellen. Wir versuchen das über den Schulförderverein, in dem einige Eltern und Elternvertreter Mitglied sind. Sie werden natürlich schriftlich zu Projekten und Ausstellungen eingeladen, wir drucken Einladungen und Flyer, die jedes Kind für die Eltern, Großeltern, Geschwister, Freunde bekommt, auch, um andere Schulen einzuladen. Wir machen Plakate, verteilen diese und die Einladungen bei Sprechstunden, bei Elternabenden, am Tag der offenen Tür, sodass Eltern gleich sehen, was läuft. Und wir laden mündlich ein, bei den großen Schülerinnen und Schülern funktioniert es über Mundpropaganda. Wenn sie sich interessieren, sagen sie es weiter, wenn sie sich nicht interessieren, kommen sie sowieso nicht.
Die Öffentlichkeitsarbeit der Schule liegt also bei Ihnen?
Ja, und dazu gehört auch, dass wir öffentliche Ausstellungen machen. Das war ganz neu, und ich muss sagen, dass das sehr wichtig war, um andere Institutionen mit ins Boot zu holen. Seit der Buttstädter Ausstellung im Rathaus haben wir beispielsweise den Bürgermeister und den ganzen Rat der Stadt hinter uns. Sie hatten sich das gewünscht und waren von der Ausstellung begeistert. Der Bürgermeister selbst hat fürs nächste Jahr schon Ideen. Er möchte eine Art Straßenkunstfest in Buttstädt organisieren, und wir sollen uns daran beteiligen. Er stellt uns das ganze Rathaus zur Verfügung, übernimmt die Beschaffung der Technik und die Transporte. Ich finde es wichtig, dass wir in die Gesellschaft wirken – wie beispielsweise auch bei der Gestaltung der Wände im Altersheim – und Projekte nicht nur für uns machen. Das ist natürlich auch schön, aber ich möchte, dass es ein Ergebnis gibt, auch wenn heute mehr Wert auf den Prozess gelegt wird oder manche die Ansicht vertreten, wir machen etwas um des Machens willen. Das ist auch schön, aber wenn am Ende kein Ergebnis vorhanden ist, ist mir das zu wenig.
Foto: Dorothee Bucher
Welche Fähigkeiten haben Ihnen geholfen, die Rolle als Kulturbeauftragte auszufüllen? Ihr Hintergrund als Kunstlehrerin oder Ihr Organisationstalent?
Organisieren, ja, das kann ich. Als Kunsterzieherin interessiere ich mich für alle Bereiche der kulturellen Bildung und engagiere mich auch gerne über den Unterricht hinaus. Außerdem war die Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern sehr hilfreich, da ich selbst ganz viel lerne, was ich den Kindern dann wiederum zeigen kann. Auch, wie ich den Schülerinnen und Schülern Mut machen oder sie begeistern kann, etwas auszuprobieren.
Welche Bedingungen erleichtern Ihre Arbeit oder umgekehrt, welche erschweren sie?
Der Schulleiter steht immer auf meiner Seite und lässt mir freie Hand. Außerdem haben wir an unserer Schule technisches Personal, das eine wichtige Stütze ist, genauso wie unseren super Hausmeister, ein junger Mann, der uns alles baut, was wir haben wollen. Ansonsten sind meine Arbeitsbedingungen an der Schule gut. Ich durfte in einem Raum im Keller des Nebengebäudes, der nie genutzt wurde, eine Werkstatt einrichten. Dort finden die Projekte statt, die ich selbst mache. Wir haben viel Platz und alles, was wir brauchen.
Wir als Landesbüro Thüringen haben ja im Kulturagentenprogramm auch eine Reihe an Fortbildungen angeboten, welche haben Sie als hilfreich empfunden? Was hat Sie in Ihrer Arbeit von außen unterstützt?
Am Anfang waren die Fortbildungen vor allem hilfreich, um alle Lehrerinnen und Lehrer der anderen Kulturagentenschulen kennenzulernen. Es haben sich viele Künstlerinnen und Künstler vorgestellt. Bei einigen Fortbildungen wurden bisherige Projekte evaluiert/bilanziert, das fand ich bei den vielen teilnehmenden Schulen schwierig, weil die Zeit zu kurz war, und im Einzelfall hilft das nicht wirklich. Mir war es wichtiger, Anregungen zu erhalten, mit anderen zu reden, was meistens in kleinen Gesprächen am Rande und zwischendurch stattfindet. Da erhält man auch Bestätigung und sieht, dass es richtig ist, was man macht.
Wenn noch mehr Schulen ins Kulturagentenprogramm aufgenommen werden würden, welche Fortbildung würden Sie für kulturbeauftragte Lehrerinnen und Lehrer anbieten? Welchen Qualifizierungsbedarf sehen Sie hier?
Ich würde auf unsere Erfahrungen zurückgreifen, auf das, was gut gelaufen ist, und auf die Dinge, die funktioniert haben, die man später auch alleine umsetzen kann. Wenn eine Schule völlig neu mit dem Programm beginnt, bräuchte sie auf jeden Fall professionelle Unterstützung – wie durch die Kulturagenten –, wenn das auf einem hohen Niveau passieren soll. Es sollte ein Pool von Künstlerinnen und Künstlern zusammengestellt werden, mit denen man in Thüringen an Schulen arbeiten kann. Aus diesem kann dann die passende Sparte ausgewählt werden, wenn geklärt ist, wo jeder eigenes Potenzial sieht und wer mit ins Boot aufgenommen werden möchte. Außerdem bräuchte man die Beschreibung einiger gelungener Praxisbeispiele, die aufgegriffen werden können. Das wäre ganz wichtig, weil nicht jeder von jetzt auf gleich gute Projekte erfinden und umsetzen kann. Es wäre super, wenn das Programm durch dieses Multiplikationsprinzip an mehr Schulen weitergeführt werden könnte, und diese sollten durch eine Ideen- und Formatsammlung Hilfestellung erhalten. Auch in Bezug auf die Antragstellung, die Geldakquise und die Abrechnung zum Schluss, das muss gelernt werden!
Könnten Sie im Detail beschreiben, was Ihre Schule im Kulturagentenprogramm gelernt hat? Und wie sich die künstlerische Qualität an der Schule verändert hat?
Wir sind eine Schule im ländlichen Raum, dem die Schülerinnen und Schüler ausgehen, deswegen werden sie aus über 20 Dörfern und Kleinstädten hierher gefahren. Im ländlichen, dörflichen Raum hat man von Kunst und Kultur meist eine ganz andere Vorstellung ... Am Anfang des Programms wurde angenommen, dass wir jetzt ein bisschen malen und basteln. Ich selbst habe schon immer ganz andere Vorstellungen gehabt. Viele Schülerinnen und Schüler fragen mich: "Warum müssen wir das auch noch machen?" Und ich antworte: "Ich verlange so viel von euch, weil ich euch ernst nehme!" Die Schülerinnen und Schüler sehen nun, wie Künstlerinnen und Künstler arbeiten und an die Dinge herangehen, und dass diese an sich selbst auch Forderungen stellen, etwas ausprobieren, was sie noch nicht können. Dazu machen wir doch Unterricht: nicht, um alles schon zu können, sondern, um es auszuprobieren. Deswegen ist es ganz wichtig, dass Künstlerinnen und Künstler von außen dazukommen, weil die Akzeptanz für das Fach dadurch wächst. Schülerinnen und Schüler akzeptieren einen erweiterten Kunstbegriff von einem Künstler: "Aha, das und das ist also auch Kunst!" Ich glaube, dass man an der Schule wahrnimmt, dass die Projekte, die wir im Kulturagentenprogramm umgesetzt haben, anspruchsvoll sind. Wir verblüffen die Besucher mit einem hohen Niveau, und auch die Schülerinnen und Schüler selbst sind erstaunt, weil sie oft nicht gedacht hätten, dass sie das können. Es beteiligen sich inzwischen auch viele Kolleginnen und Kollegen, auch fachfremde, die sich haben mitziehen lassen. Das alles wirkt sich positiv auf das Image der Schule aus.
Haben Sie den Eindruck, dass sich die kulturelle Bildung auch auf der Ebene der Unterrichtsgestaltung auswirkt, also sich in den Unterricht einschreibt? Gibt es beispielsweise fächerübergreifende Zusammenarbeit?
Ja, das passiert im Projektunterricht, der im Moment für einige Klassenstufen im Aufbau ist. Das ist für uns Neuland und nicht einfach umzusetzen. Wir versuchen für jede Klassenstufe ein Projekt als Projektunterricht, bei denen fünf, sechs Fächer zusammenarbeiten. Was ich ganz wichtig finde, ist, dass wir kreative Präsentationstechniken lernen, sodass nicht überall nur Wandzeitungen hängen, auf die ein paar Bilder geklebt sind. Und das könnte in verschiedenen, auch naturwissenschaftlichen oder geisteswissenschaftlichen, Fächern einfließen. Die Chemie- und Biolehrerin hat sich gewünscht, wieder mit der Künstlerin Frau Herrmann bei der Umsetzung von naturwissenschaftlichen Texten in Bilder mit Drucktechniken zu arbeiten – wunderbar, da brauche ich mich nicht einzumischen, das läuft inzwischen von ganz allein. Aber das müssen die Kolleginnen und Kollegen auch wollen.
Wie würde Ihre Wunschschule aussehen, in der die kulturelle Bildung bereits ihren festen Platz hat und verankert ist?
Ich würde generell die Stundentafel an den Schulen verändern, damit sie bei der personellen Besetzung mehr Freiheiten erhalten. Ich würde außerdem drei oder vier Wahlfächer auf künstlerischem Gebiet für die Klassenstufen anbieten, sodass jeder neben der einen Stunde Musik oder Kunst pro Woche drei Stunden machen kann: beispielsweise Darstellendes Spiel, Musik und Keramik. Wenn man in Richtung Ganztagsschule denkt, könnte so etwas möglich werden, das könnte gut nachmittags stattfinden. Wenn die Schule die Möglichkeit hätte, würde hier die Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern auch weiterhin eine Rolle spielen.
Und welche Bedeutung würde Ihre Rolle in dieser Wunschschule haben, hätte sie möglicherweise eine größere Bedeutung als jetzt?
Ich würde gerne so ein Wahlfach unterrichten. Es sollte dann auch möglich sein, eine Klasse in kleinere Gruppen zu teilen, um beispielsweise auch im Unterricht in die Keramikwerkstatt und an die Druckpresse zu gehen. Es ist alles vorhanden, aber man kann nicht mit 25 Schülerinnen und Schülern dort rein, und so bleibt vieles ungenutzt. Das ist schade, denn wir könnten hier sehr viel machen.
Halten Sie es für wichtig, dass die oder der Kulturbeauftragte Teil einer erweiterten Schulleitung ist, um das kulturelle Profil mitzugestalten?
Da ich an meiner Schule freie Hand habe, ist das bei uns nicht nötig. Wenn es aber ein Gremium gäbe, in dem gemeinsam abgestimmt wird, dann würde ich dabei sein wollen.
Was würden Sie als kulturbeauftragte Lehrerin als Erstes unternehmen, wenn Sie noch einmal neu an eine Schule kämen und Ihre Aufgaben erfüllen müssten?
Als Erstes würde ich eine kleine Gruppe Lehrerinnen und Lehrer um mich scharen, von denen ich wüsste, dass sie auf meiner Seite sind und alles mit mir zusammen machen. Das war vielleicht unser Fehler zu Beginn. Wir haben die Kolleginnen und Kollegen vorher zu wenig einbezogen, zwei Kollegen und der Schulleiter haben die Bewerbung ja allein geschrieben und eingereicht. Und erst als wir den Zuschlag hatten, haben wir die anderen langsam eingeweiht. Das war einigen zu viel. Deswegen würde ich das jetzt umgekehrt machen, ich würde erst ein Team von fünf, sechs Kollegen bilden, die alle Lust haben, mitzumachen. Jeder aus der Gruppe hätte dann zu zwei oder drei anderen Kolleginnen und Kollegen einen besonders guten Draht und würde sie informieren, damit sich niemand überrumpelt fühlt.
Und wie würden Sie sich selbst als Kulturbeauftragte an dieser Schule einführen? Warum bräuchte man Sie?
Der Gewinn meiner Rolle als Kulturbeauftragte liegt darin zu zeigen, was Kunst und Kultur alles sein kann, welche Möglichkeiten es gibt, mit Kindern zu arbeiten. Wir haben hier die Chance, Kindern, die von Hause aus nie den Zugang zu Kunst und Kultur hätten, eine völlig neue Welt zu eröffnen. Das ist Verantwortung, denn was wir ihnen hier im Unterricht nicht zeigen, erfahren sie möglicherweise nie in ihrem Leben. Es gehört auch zu meiner Rolle, den Kolleginnen und Kollegen in Aussicht zu stellen, dass es auch für sie bereichernd sein wird, und den Eltern zu verdeutlichen, dass Kunst und Kultur nicht abgehoben sind, sondern etwas mit ihnen zu tun haben.
Foto: Viktor Sobek